Forscher und Sammler

Das Hamburgische Welt-Wirtschaft-Archiv feiert seinen 90. Geburtstag und wird selbständig  ■ Von Eberhard Spohd

Als das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA) vor genau 90 Jahren gegründet wurde, regierte in Deutschland noch der Kaiser und das Institut hieß „Zentralstelle des Kolonialinstituts“ Hamburg. Hier sollten Beamte für die Kolonien aus- und weitergebildet und die wissenschaftlichen Bestrebungen konzentriert werden. Zehn Jahre später war der Erste Weltkrieg verloren und mit ihm die deutsche Kolonialmacht endgültig untergegangen. Das Institut wurde zum Archiv.

„Seine Aufgabe bestand vor allem darin, Informationen über die wirtschaftliche und soziale Entwicklung – insbesondere in überseeischen Ländern – für Wirtschaft, Wissenschaft, Presse und Verwaltung bereitzustellen“, erklärte Bürgermeisterin Krista Sager (GAL) gestern beim Jubiläumsempfang im Hamburger Überseeclub. Auch während des Nationalsozialismus war dies eine Hauptaufgabe des Instituts „mit dem Unterschied, daß Informationen aus dem Ausland nicht mehr öffentlich zugänglich waren, sondern nur noch ausgewählten Kreisen zur Verfügung standen“.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Forschungstätigkeit ausgeweitet. „Das Institut gehört heute zu den sechs führenden wirtschaftswissenschaftlichen Einrichtungen Deutschlands“, so die Senatorin. Folgerichtig wurde es 1970 umbenannt in HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung. Die wissenschaftliche Arbeit ist in zwölf Büchern, zehn Reporten und 72 Aufsätzen dokumentiert, die 1997 veröffentlicht wurden.

Doch auch die archivarische Aufgabe wurde nicht vernachlässigt. Ingesamt 1,1 Millionen Bücher lagern im Institutsgebäude am Neuen Jungfernstieg, dazu kommen 18,5 Millionen Presseausschnitte, die öffentlich zugänglich sind.

Seit einiger Zeit befindet sich das HWWA wieder im Wandel: Es soll in eine Serviceeinrichtung für die Forschung umgewandelt werden. Vizepräsident Hans-Eckart Scharrer beharrte gestern aber darauf, daß weiterhin eigene Forschung notwendig sei: „Die Öffentlichkeit erwartet, daß die Unabhängigkeit des HWWA gewahrt bleibt, auch wenn unsere Erkenntnisse der Politik manchmal nicht schmecken.“

Das Institut wird derzeit aus seiner Behördenstruktur herausgelöst. Es soll sich als Stiftung des öffentlichen Rechts selbständig machen. Einher damit geht – wie meist in diesem Fällen – eine Etatkürzung. Bislang erhielt das HWWA 23,6 Millionen Mark jährlich, davon 20,6 Millionen von Bund und Ländern. Ab 1999 soll die Finanzierung über eine Stiftung gesichert werden. Dann allerdings stehen zur Erfüllung der Aufgaben nur noch 15,5 Millionen Mark zur Verfügung.