„Ist nur knapp daneben gegangen“

■ Christian Eberl freute sich auf den Bundestag. Nun bleibt er an der Uni

taz: Wie gewonnen so zerronnen – wie soll es weitergehen im Leben?

Christian Eberl:Och, ich mache weiter in meinem ersten Traumberuf. An der Uni Göttingen forsche ich am Institut für Bodenkunde und Waldernährung über forstliche Informationssysteme.

Da braucht man Mathematik.

Mit großen Datenmengen kann ich umgehen.

Was sagen Sie zu den Zählkünsten der Brandenburger?

Das ist ärgerlich! Wie das passieren konnte, weiß ich nicht. Vergangenen Freitag habe ich es erfahren. Ich kam gerade von einer Büroeinweihung eines Freundes als mich mein Landesgeschäftsführer anrief und sagte, daß es erhebliche Differenzen zwischen dem vorläufigen und dem amtlichen Endergebnis gibt. Ich selbst hatte mir ja schon in der Wahlnacht ausgerechnet, daß mein Vorsprung nur etwa 1.000 Stimmen vor dem nächsten PDS-Mandat betrug.

Und Sie hatten eine Ahnung?

Ich hatte ein ungutes Gefühl. Aber meine Fraktionskollegen sagten: „Schwankungen gibt es immer, und sie betreffen immer alle Parteien gleichmäßig. Das hat es noch nie gegeben, daß eine Partei ein Mandat abgeben muß.“ Und jetzt ist es passiert.

Hatten Sie sich schon mit dem Parlament angefreundet?

Im Bundestag wurden Fotos gemacht, ich habe einen vorläufigen Abgeordnetenausweis, ein Büro gegenüber des Plenarsaals hätte ich bekommen, wollte diese Woche Mitarbeiter einstellen und war auch schon zweimal bei Fraktionssitzungen dabei. Heute hätte ich mich von der Uni verabschiedet. Das hat sich ja jetzt erledigt.

Die Enttäuschung steckt Ihnen tief in den Knochen.

Ich wollte, daß die FDP auch im Bundestag umweltpolitisch Kompetenz zeigen kann. Ich wäre gern in den Ausschuß für Umweltschutz und Reaktorsicherheit gegangen. Das wäre eine sehr, sehr reizvolle Aufgabe. In der Diskussion mit den anderen Fachleuten wird in diesem Gremium darum gestritten, welches der beste Weg in der Umweltpolitik für Deutschland ist.

Was hätten wir von Ihnen zum Thema Atomausstieg gehört?

Ich bin jemand, der in der FDP immer schon vertreten hat, daß die Kernenergie eine Übergangsenergie ist und wir ernsthafte Anstrengungen unternehmen müssen, im Energiemix einen neuen Weg zu finden. Und da war mir die vorige Bundesregierung zu zögerlich.

Hätten Sie die rot-grüne Regierung unterstützt?

Ich kenne keine Berührungsangst. Schließlich war ich schon stellvertretender Bürgermeister in einer Ampelkoalition.

Dies war Ihr zweiter Versuch ins hohe Haus zu kommen. Wollen Sie es noch einmal wagen?

Sicher. Ich bin 1981 in die FDP gegangen und werde 2000 im Bundestag sitzen. Diesmal ist es doch nur knapp daneben gegangen. Interview: Annette Rogalla