Weiter Streit um Polit-Mandat

■ Verfassungsgericht äußert sich nicht, ob Studentenvertreter in NRW politisch aktiv werden dürfen. "Koordinator" der Klagewelle gegen Asten will Studenten weiter den Mund verbieten

Freiburg (taz) – Der Streit um das sogenannte allgemeinpolitische Mandat der Studentenvertretungen (Asten) bleibt spannend. Das Bundesverfassungsgericht verweigerte jetzt eine Entscheidung zum neuen Universitätsgesetz in Nordrhein-Westfalen. Die rot-grüne Landesregierung hatte versucht, Studentenvertretern mehr Spielraum bei ihrer politischen Arbeit einzuräumen.

Die im Sommer 1997 in NRW verabschiedete Gesetzesnovelle bestimmt, daß Asten die politische Bildung der Studierenden auch durch Diskussionsveranstaltungen und Medienberichte fördern dürfen. Ein „allgemeinpolitisches Mandat“ im engeren Sinne ist das allerdings nicht. „Zur Rebellion im Kongo dürfen die Asten nach wie vor nicht im Namen der Studierenden Stellung nehmen“, stellt Harald Wellbrock, Sprecher des Bildungsministeriums in Düsseldorf, klar.

Notwendig wurde die gesetzliche Klarstellung, weil das Oberverwaltungsgericht Münster 1994 Studentenvertretern jede Form allgemeiner politischer Bildung verbot. Zulässig sei nur „hochschulpolitische Bildung“. Konkret ging es um Artikel in einer Asta- Zeitung, die sich mit dem Asylrecht beschäftigten. Selbst ein Interview mit dem KZ-Insassen Emil Carlebach in einer Asta-Zeitschrift hatte in Münster Kläger und Richter auf den Plan gerufen – der Asta bezahlte den Beitrag mit 500 Mark Ordnungsgeld.

Doch auch die gesetzliche Neuregelung in NRW führte zu Protesten. Die CDU-Landtagsfraktion erhob – eine noch nicht entschiedene – Klage beim Landesverfassungsgericht NRW. Und zwei Studenten aus Siegen und Münster legten sogar direkt in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde ein. Die Richter lehnten es aber ab, sich mit den Klagen zu beschäftigen. Die beiden Kläger sollten erst konkrete Fälle bei den Verwaltungsgerichten beanstanden. Ein Gesetz könne nur dann direkt angegangen werden, wenn das Problem „allgemeine Bedeutung“ hat oder ein „schwerer und unabwendbarer Nachteil“ droht. Die Richter bezeichneten das NRW-Gesetz als „nicht eindeutig“.

In Düsseldorf ist man überrascht: „Wir haben im Vorfeld sogar ein Rechtsgutachten von Professor Denninger aus Frankfurt eingeholt, damit die Regelung eindeutig und rechtmäßig ausfällt“, erklärte der Sprecher des Bildungsministeriums, Wellbrock.

Einer der Kläger ist der Münsteraner Jura- und Physikstudent René Schneider. Der Student mit rund 40 Hochschulsemestern auf dem Buckel hat ein „Institut für Hochschulrecht“ gegründet und koordiniert die, wie er sagt, „überparteiliche Klagewelle gegen Asten, die ihre Kompetenzen überschreiten“. Mit der Unzulässigkeit seiner Klage hatte er fast gerechnet. Direkt gegen das Gesetz sei er aber nur vorgegangen, weil es bei NRW-Gerichten derzeit kein passendes Urteil gibt. „Und zwar nicht, weil es keine Klagen gibt“, so Schneider, „sondern weil die Gerichte ihre Pflicht verweigern und die Verfahren unzulässig verzögern.“ Vielleicht haben die Gerichte ja auch auf eine Klarstellung gehofft. Doch Karlsruhe ließ die Chance verstreichen, in einer unübersichtlichen Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten endlich für Klarheit zu sorgen.

(Az. 1 BvR 1334/98 und 1362/98) Christian Rath