■ Im Kongo platzen die Illusionen der internationalen Afrikapolitik
: Ein Kontinent wählt den Krieg

Das hat man nun davon. Seit Jahren wünscht sich die internationale Diplomatie lautstark, Afrika möge seine Probleme selbst in die Hand nehmen. Nun geschieht genau das – aber auf eine Weise, die sich niemand wünschen kann. Die Militärinterventionen aus dem südlichen Afrika in der Demokratischen Republik Kongo haben den Kontinent an den Rand eines panafrikanischen Krieges gebracht.

Aus der gegenwärtigen explosiven Lage in Zentralafrika ergeben sich mehrere Erkenntnisse, die den Gemeinplätzen der internationalen Afrikapolitik eher zuwiderlaufen. Erstens: „Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme“ – ein beliebter Grundsatz der „afrikanischen Renaissance“ – sind kein Königsweg zur Konfliktlösung, sondern legen einfach bestehende Interessengegensätze offen. Die angolanischen und simbabwischen Truppen in Kinshasa sind nicht besser, als es französische oder amerikanische wären. Afrikanische Militärinterventionen sind gegenüber Truppenentsendungen aus europäischen Ländern keinesfalls stabilitätsfördernder.

Zweitens: Regionalorganisationen stiften nicht von sich aus Frieden, weil die darin vertretenen Regierungen nicht von sich aus dem Krieg entsagen. Die „Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika“ (SADC) galt bisher als Modell der friedlichen Zusammenarbeit und wird jetzt auf Betreiben Simbabwes zum Vehikel der militärischen Eskalation, wie schon in den letzten Jahren das westafrikanische Gegenstück „Ecowas“ unter Anleitung Nigerias.

Drittens: Südafrika ist kein Friedensstifter und daher eigentlich auch keine Regionalmacht. Zum wiederholten Mal zeigt sich im Kongo, daß Südafrika immer am Rande des Geschehens hockt. Den Lauf der Dinge bestimmen andere Länder. Nelson Mandela hat zwar moralische Autorität, aber sonst nichts; sogar die beträchtliche Wirtschaftskraft Südafrikas, die entscheidend das Schicksal vieler anderer afrikanischer Länder mitbestimmt, geht lieber ihre eigenen Wege. Auf Südafrika als strategischen Partner zu setzen, wie es die USA, Frankreich, Deutschland und Großbritannien tun, bringt wenig.

Es ist bedauerlich, daß die neuerliche Kongo-Krise Anlaß für eine Reihe von Ernüchterungen ist – und zwar nicht nur für das Ausland im Umgang mit Afrika, sondern auch und vor allem für die Kongolesen selbst, die sämtlich mit den Ereignissen in ihrem Land überfordert sind und die Vergänglichkeit interessengeleiteter Freundschaften hautnah zu spüren bekommen. Dominic Johnson