Frauenförderung wird gesetzlich kleingekocht

■ In Brandenburg werden Betriebe, die Frauen besonders fördern, bei öffentlichen Aufträgen bevorzugt. Dies mag der Wirtschaftsausschuß des Bundestages aber nicht länger akzeptieren

Berlin (taz) – Gerne bewundern bundesdeutsche Frauenpolitikerinnen die US-amerikanische Wirtschaft, die immerhin schon 33 Prozent weibliche Führungskräfte hat. Das amerikanische Erfolgsrezept heißt „affirmative action“, stammt aus dem Jahr 1964 und wurde in den 90er Jahren in einigen SPD-(mit-)regierten Bundesländern in zarten Ansätzen kopiert. Die Grundidee: Öffentliche Aufträge und Gelder werden bevorzugt an solche Unternehmen vergeben, die nachweisen, daß sie Frauen gezielt nach vorne bringen. Sei es, wenn ein Sportplatz gebaut, Computer installiert oder Reinigungsfirmen angeheuert werden. Gestern gab der Wirtschaftsausschuß des Bundestages diesen Bestrebungen jedoch keine Chance.

Dem Wirtschaftsausschuß lag ein Gesetzentwurf der Regierung vor, der das Bundesvergaberecht europarechtlich anpassen soll. Das Aus für die Frauen ist in einem Nebensatz versteckt. „Aufträge werden an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen vergeben“, heißt es in dem Entwurf. „Weitergehende Anforderungen“ dürften nur „durch ein Bundesgesetz“ formuliert werden, aber nicht wie bisher durch Ländergesetze. Dies empört die grüne Frauenpolitikerin Irmingard Schewe-Gerigk: „Ein solches Bundesgesetz zur Frauenförderung gibt es nicht und soll es auch nicht geben.“

Auch Sabine Kaspareit, stellvertretende wirtschaftspolitische Sprecherin der Bonner SPD-Fraktion, sieht sich bei den Verliererinnen: „Im Gegensatz zu den Grünen wollen wir ein soziales Vergaberecht nicht nur für Betriebe, die Frauen fördern, sondern auch für Betriebe, die Ausbildungsplätze anbieten oder Tariftreue garantieren.“ Voraussichtlich wird morgen die Regierungsmehrheit im Bundestag dem konservativen Gesetzentwurf zustimmen. Die SPD-Abgeordnete Kaspareit sieht Streit im Bundesrat voraus: „Die Länder werden sich nicht gerne vorschreiben lassen, wie sie mit ihren Steuergeldern umzugehen haben.“

Das einzige SPD-regierte Bundesland, das deutsche „affirmative actions“ tatsächlich umsetzt, ist Brandenburg. Das Frauenministerium schulte 1996 zu diesem Zweck rund 200 MitarbeiterInnen der Vergabestellen aller brandenburgischen Landesbehörden, Landkreise, Gemeinden und Ämter. Petra Napieralski vom Frauenministerium: „Wir haben sehr viele Anfragen von interessierten Unternehmen.“

Die Vergabestellen in Brandenburg sind angehalten, den Anbieter herauszufiltern, der die beste „Frauen-Kennziffer“ aufweisen kann. Diese setzt sich zusammen aus dem Frauenanteil an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und an der Lohnsumme des Betriebes. Der „frauenfreundlichste“ Anbieter erhält die Chance, sein Angebot nach unten auf das Niveau des günstigsten Konkurrenten zu korrigieren. Läßt sich die Firma auf diesen Deal ein, erhält sie den Zuschlag. Dieses Verfahren gilt jedoch nur noch solange, bis das neue Bonner Gesetz in Kraft tritt. Dann ist Schluß mit Brandenburgs „affirmative actions“. Barbara Debus