■ Vorlauf
: And the winner is...

„Stalin gegen Hitler – Das Duell der Diktatoren“, 23 Uhr, ARD

Derzeit scheinen im Fernsehen historische Rückblicke auf die 30er Jahre Konjunktur zu haben. Warum? Wahrscheinlich sind mit dem Fall der Mauer, die ja eine späte Konsequenz des Zweiten Weltkriegs war, und mit der Selbstabwicklung der poststalinistischen Systeme die 30er und 40er Jahre endgültig zur Historie geworden. Ohne Schrecken, der ins Heute ragt, lassen sich nun die Bilder des Schreckens betrachten. Gegen diese Gemütlichkeit muß jede historische Rekonstruktion die Präzision des eigenen Blicks setzen. – Was herauskommt, wenn diese fehlt, zeigt die MDR-Produktion von Christian Klemke und Jan N. Lorenzen.

Schon der Titel übersetzt Geschichte in sportive Kategorien: War der Rußlandfeldzug ein verlorenes Auswärtsspiel? Der Film arbeitet sich chronologisch voran. Es beginnt 1934 mit dem ersten wichtigen Datum: Hitlers Mord an Röhm, der Stalin zu seinem Mord an Kirow und dem Beginn des Großen Terrors inspiriert haben soll. Als Zeitzeugen kommen vor allem Diplomaten zu Wort, die glegentlich Heiteres und Erhellendes zu den deutsch-sowjetischen Beziehungen zu berichten haben. Den Hitler-Stalin-Pakt wissen die Autoren, gestützt von Geigenmusik, wie einen Krimi zu inszenieren: Das hat Unterhaltungs-, aber kaum Erkenntniswert. Was der Pakt für deutsche Kommunisten im KZ bedeutete, ist dem Film keine drei Sätze wert. Im letzten Drittel verschwindet schließlich auch das Unterhaltsame. Nun marschieren vor allem Wehrmachtsoldaten nach Osten, später Rote-Armee-Soldaten nach Westen. Und das Feature verwandelt sich in eine x-beliebige Zweite-Weltkriegs- Dokumentation.

Analytisches über Ähnlichkeiten und Unterschiede der beiden Totalitarismen? – Fehlanzeige. Ein vergleichendes Psychogramm der Diktatoren, wie es Alan Bullock in seiner umfassenden Studie über Hitler und Stalin versucht hat? – Nichts davon. „Hitler gegen Stalin“ ist nicht ungeschickt montiert, doch ohne Tiefgang. Eine brave Geschichtsnacherzählung, in der der unvermeidliche Wolfgang Leonhardt noch eine der besseren Figuren macht. Stefan Reinecke