Am Anfang war der Frauenstreik

1980: Im ersten Jahr der taz war die ökonomische Perspektive unterirdisch, das basisdemokratisch regierte Chaos unübertroffen. Zu dem alltäglichen Frust gesellte sich helle Wut, als Leserbrief-Redakteur Alexander einen Frauenfolterporno als Comicstrip auf „seiner“ Seite veröffentlichte. Die taz-Frauen traten in den Streik. Auf die paar Kolleginnen hätten die Redakteure ja noch verzichtet – aber auch zahllose Säzzerinnen, Layouterinnen und Verlagsfrauen blieben der Arbeit fern. Ein schwerer Schlag für die Männer.

Eine Woche lang diskutierte frau über neue Arbeitsstrukturen und über die Antwort auf den männlichen Vorwurf: frau sei doch bloß prüde und verklemmt. Auf das alles entscheidende Samstagsplenum hatten sich die Frauen gut vorbereitet: Auf ein Zeichen von Brigitte Heinrich hin entblößte frau kollektiv den Busen. Geballte männliche Aggression löste sich in verlegenem Kichern auf.

Ein äußerst geschicktes Manöver, denn nun gingen alle Forderungen glatt durch: die Frauenquote, verbindliche Eingriffsrechte für die Frauenredaktion bei „sexistischen“ und „frauenfeindlichen“ Texten, eine tägliche Frauenseite.

Zwar wurde die Frauenseite dann doch nicht ganz so alltäglich, und auch die „Eingriffsrechte“ waren wohl nicht ganz so ernst gemeint. Aber immerhin gab es seitdem viermal in der Woche eine Frauenseite. Anfang der 90er Jahre erschien sie noch zwei- bis dreimal, Ende der 90er gerade noch einmal wöchentlich.

Die Frauenredakteurinnen kamen und gingen. Den Anfang machte Gitti Hentschel. 1980 kam Maria Neef-Uthoff dazu. Wie diese beiden fühlten sich wie auch ihre Nachfolgerinnen Gunhild Schöller, Helga Lukoschat und Ulrike Helwerth „strukturell übergangen“ und „systematisch entwertet“: Eine nach der anderen verließ die taz.

Die Frauenseite „bietet allen anderen Ressorts die Legitimation, sich selbst nicht engagieren zu müssen, sondern die Frauenberichterstattung delegieren, abschieben zu können“, schrieb Helga Lukoschat 1990.

Die daraufhin beschlossene Auflösung der Frauenseite nahm der Frauenredaktion zwar ihren verhaßten Sonderstatus, löste aber das Problem nicht: Berichterstattung aus weiblicher Sicht hatte es jetzt noch schwerer. Die „Kaiserin ohne Reich“, Karin Flothmann, bekam das deutlich zu spüren, rasch wechselte sie ins Bildungsressort.

Ab September 1994 wurde neu erfunden, was es schon gegeben hatte: Die Frauenseite hieß jetzt „Ladies Almanach“. Aber auch Sonja Schock blieb nicht. Schon nach einem Jahr reichte sie den Job an Karin Gabbert weiter. Die wiederum verabschiedete sich Ende 1996 in die Babypause.

Gemeinsam mit Barbara Debus setzte ich den Reigen fort. Anfang des Jahres hatte dann auch ich die Nase voll. Den Redaktionsjob habe ich gegen einen Autorinnenvertrag eingetauscht. Meinen Platz hat Michaela Eck eingenommen. Auch sie weiß jetzt schon, daß sie nicht ewig bleiben will. Ute Scheub