Mediendesign

■ Ein Job zwischen Krimis und Hardcorepornos

Der Gedanke, eine Anstellung anzunehmen, wäre für sie heute nur noch Ausdruck eines inneren Erschöpfungszustandes: Die Mediendesignerin Uta Sohr ist lieber ihre eigene Chefin. Als einzige Angestellte der zweckgegründeten Zoom-Medienagentur GmbH arbeitet sie für die Film- und Fernsehbranche, entwirft und gestaltet alles vom Werbespot bis zur Nachrichtensendung. Erst seit kurzem in Berlin, hat die 32jährige momentan ihr Büro in den Räumlichkeiten einer Werbeagentur, mit der sie auch zusammenarbeitet. Erfahrungen mit der Selbständigkeit sammelte sie aber bereits in München, wo sie unter anderem für die Bavaria und die Kirch- Gruppe gearbeitet hat. Bei ProSieben fing sie zunächst mit einer regulären Halbtagsstelle als Graphikerin an. Nachdem sich diese zu einem doppelten Fulltime-Job entwickelt hatte, machte sie sich selbständig und entwickelte in dieser Zeit unter anderem die Graphik und Konzeption der ProSieben- Nachrichtensendungen.

Ermöglicht hat sich Uta Sohr diese Position durch ihre umfangreiche Qualifikation. Nach der mittleren Reife machte sie eine Lehre als Tiefdruckretuscheurin, ein heute aussterbendes Handwerk, das nur noch im Kunstdruck zur Anwendung kommt. Mit Pinsel, Lauge und Reprokamera lernte sie die Techniken der Graphik, die mittlerweile sämtlich digitalisiert sind. Anschließend retuschierte sie längere Zeit Filme, die auf Video übertragen wurden. Zwischen Krimis und Hardcorepornos aus England, denen sie gefrustet ganz gerne einen ekelhaften Grünstich verpaßte. In dieser Firma lernte sie die Film- und Schnittechnik kennen, bevor sie in einer Weiterbildung die Technik der 3-D-Animation erlernte. Sie drehte ihren ersten eigenen Film und arbeitete in einer Zeichentrickfirma in München, bevor sie schließlich zur Kirch-Gruppe und zur Selbständigkeit gelangte. Die Gründung der eigenen Firma zusammen mit ihrem damaligen Mann, der ein Tonstudio betreibt, änderte zunächst nichts an ihrer Lebenssituation, außer daß es mehr Geld gab. Längerfristig stellte sich jedoch heraus, daß die Selbständigkeit und der mit ihr verbundene Zwang zu verstärkter Hingabe an die „Firma“ ein geordnetes Familienleben unmöglich machten. Uta Sohr zerrieb sich zwischen Arbeit, Haushalt und der Betreuung ihrer Tochter. Nach siebeneinhalb Jahren zerbrach schließlich die Ehe. Irgendwann beschloß die gebürtige Berlinerin, in ihre Heimatstadt zurückzugehen, um dort ihre Firma weiter auszubauen. Aus ihren Erfahrungen hat sie gelernt, daß sie die Verantwortung nicht mehr ganz alleine tragen will. Ihr Ziel ist es, eine Firma mit einem Partner und mehreren Angestellten zu haben, ein Büro, in das sie zur Arbeit fährt und anschließend nach Hause. Dann möchte sie auch ihre Tochter wieder zu sich nehmen, die jetzt noch in München ist. „Der Job hatte einfach ein unangemessenes Maß an Wichtigkeit.“

Sie hofft auf Berlin, daß nur dort, wo Wandel stattfindet, Neues entstehen kann. Mit ihrer Firmenkonzeption liegt sie ihrer Meinung nach voll im Trend der Medienbranche, in der immer mehr kleine und kleinste Firmen am Ganzen arbeiten: „In diesem großen Quallengerüst bin ich eines von vielen Tierchen, die alle voneinander abhängen.“ Martin Reichert