Informatik

■ Ein Job zwischen Computer, Telefon und Fax

Seit nunmehr fünf Jahren muß Karl Heinz „Kalle“ Asmuth nicht mehr regelmäßig zur Arbeit fahren. Meist geht er nach dem Frühstück nur eine Tür weiter: Das Arbeitszimmer in seiner freundlich eingerichteten Eigentumswohnung in Schenefeld bei Hamburg ist der Ort seines eigentlichen Schaffens. Der gelernte Informatiker hat sich selbständig gemacht und entwirft am heimischen PC Datenbankanwendungen für wechselnde Auftraggeber. Im Moment entwickelt er ein „Zugangskontrollsystem“ für ein Kraftwerk. Nur wenn es an die konkrete Umsetzung und Inbetriebnahme geht, muß er sich mit seinem Cabriolet vor Ort begeben.

Als Angestellter sah der Alltag natürlich anders aus. Insgesamt 16 Jahre hatte der Informatiker in einer Unternehmensberatung gearbeitet. Er produzierte Auftragssoftware und machte EDV-Beratung, bevor man ihn „rausschmiß“: Der Firma ging es wirtschaftlich schlecht, das Personal sollte abgebaut werden. Die vermeintliche Katastrophe hatte jedoch ihre guten Seiten, denn die gezahlte Ablösesumme bildete das Grundkapital für Karl Heinz Asmuths Selbständigkeit. Als Informatiker hat er den Vorteil, einen freien Beruf auszuüben, so daß er ähnlich etwa einem Architekten keine Gewerbesteuer zahlen muß und relativ unkompliziert eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gründen konnte. Eigentlich brauchte er nur einen Computer, ein Telefon und ein Faxgerät. Probleme hatte er anfangs mit der Kundenakquise, doch nach Eigenstudium der modernen Kommunikationswissenschaften war auch diese Barriere bald überwunden. Seitdem zieht er entweder durch eigene Kontakte oder über die Vermittlung einer Unternehmensberatung Aufträge an Land, die ihn in einem Zeitraum von mehreren Monaten bis zu einem Jahr beschäftigen.

Ob er nun die Containerumschlagskosten für eine Hamburger Dampfschiffahrtsgesellschaft berechnet oder die Logistik eines Hochregallagers datentechnisch bearbeitet, immer muß er sich auf neue Firmen und neue Menschen einstellen. Mal ist er dort nur das „Kodierschweinchen“, wie er selbst sein Fremdkörperdasein beschreibt, mal ist er fest integriert und bekommt einen guten Draht zu seinen Kollegen. „Auf jeden Fall arbeite ich bewußter, fühle mich freier und bin auch als Mensch selbständiger geworden“, sagt Asmuth. Natürlich muß er sich im Gegenzug stärker um seine Sicherheit bemühen, denn er weiß nie, wann und ob der nächste Job kommt. Hier half jedoch ein Blick ins Telefonbuch: Der Verein „Senioren helfen Jungunternehmern“ gab ihm wertvolle Tips in Fragen Geschäftsform, Kreditaufnahme und auch Altersversorgung. Asmuth achtet immer darauf, ein ausreichendes Finanzpolster anzulegen, damit er auch längere Zeiten ohne Auftrag überstehen kann. Doch die Unsicherheit birgt wie immer auch Freiheiten in sich. Welcher Arbeitnehmer kann es sich schon leisten, einfach mal für vier Monate nach Südamerika zu fahren? Für nächstes Jahr ist schon eine mehrmonatige Motorradtour in Australien geplant.

Was die Zukunft angeht, ist der 46jährige optimistisch. Die EDV- Umstellung auf den Euro und die Datenanpassung wegen des Jahres 2000 lassen den Bedarf an Informatikern momentan in die Höhe schnellen. Martin Reichert