Meuterei in Brasilien beendet

■ Sondereinheiten der Polizei befreien rund 600 Geiseln in dem Gefängnis Sorocaba nach drei Tagen. Die Gefangenen wollten angeblich Silvester durch einen Tunnel ausbrechen

Sorocaba (AFP) – Nach drei Tagen haben Sondereinheiten der Polizei die Meuterei in dem brasilianischen Gefängnis Sorocaba bei São Paulo beendet. Rund 150 Militärpolizisten brachten die Haftanstalt am Mittwoch innerhalb von vierzig Minuten vollständig unter ihre Kontrolle, wie ein Behördensprecher mitteilte. Es habe keine Opfer gegeben, lediglich ein Polizist sei am Bein verletzt worden.

Die Sicherheitskräfte befreiten anschließend die rund 600 Geiseln, darunter zahlreiche Frauen und Kinder, sowie die 17 Wachmänner. Die Aufständischen protestierten gegen die Überbelegung der Strafanstalt. Es war die dritte Häftlingsmeuterei in Brasilien innerhalb einer Woche.

Befreite Frauen berichteten anschließend unter Tränen, die Polizisten hätten brutal auf Gefangene und männliche Geiseln eingeschlagen. Die Polizisten hätten die Frauen an den Haaren nach draußen geschleift. Die männlichen Geiseln seien aufgefordert worden, sich auszuziehen, um sie von den Häftlingen unterscheiden zu können. Diese hätten sich auf den Boden legen müssen. Kurz vor dem Sturmangriff hatten die Meuterer weitere 50 Geiseln freigelassen. Die meisten Familienangehörigen wollten aber bei den Gefangenen bleiben, um eine blutige Erstürmung wie die von Carandiru im Oktober 1992 zu verhindern, bei der 111 Häftlinge starben, obwohl sie sich größtenteils ergeben hatten.

Ein Polizeikommandeur rechtfertigte die Aktion damit, daß die Aufständischen einen Tunnel gegraben hätten, durch den in der Silvesternacht ein Massenausbruch geplant gewesen sei. Die Meuterer hatten zuvor für die Freilassung aller Geiseln entgegen vorheriger Zusagen neue Forderungen gestellt. Die elf Anführer und neun weitere Insassen sollen nun – wie von ihnen gefordert – in andere Haftanstalten verlegt werden.

Der Aufstand in dem 90 Kilometer von São Paulo entfernten Gefängnis hatte am Sonntag mit einem gescheiterten Fluchtversuch zweier Gefangener begonnen. Eine viertelstündige Schießerei mit Sicherheitskräften folgte, bevor sich die Aufständischen mit ihren Geiseln verschanzten. Im Verlauf des Aufstands wurden zwei Häftlinge und die Ehefrau eines Gefangenen getötet.