Die Katze Pandora

■ Als das Baby da ist, wird die Katze in den Schuppen verbannt

Der Blick zurück in die Kindheit ist nicht unbedingt der Blick zurück auf reines Glück. Da gab es Kummer und Kränkungen. Echte Probleme, mit denen man als Kind fertig werden mußte. Probleme, mit denen auch eine Katze fertig werden muß. Wie zum Beispiel Pandora, die schöne schwarze Katze, die zufrieden mit dem Mann und der Frau in einem gemütlichen, warmen Haus wohnt, bis plötzlich das Baby da ist und Pandora in den Schuppen verbannt wird.

Der Blick zurück in die Kindheit ist dennoch aus vielen Gründen ein Blick auf ein verlorenes Glück. Einer dieser Gründe ist das Bilderbuch. Hier ist noch unproblematisch, was später auf unverhohlenes Mißtrauen stößt: Kunst, die eine Geschichte erzählt. Kunst, die unseren Kummer und unsere Kränkungen in mitteilsame Bilder packt, und die uns hilft, den Kummer zu überwinden.

Die Geschichte von William Mayne, die Dietlind Blech illustriert hat, wurde von Michael Krüger aus dem Englischen übersetzt. Doch es ist vor allem Dietlind Blech, die die Ereignisse zur spannenden Erzählung macht. Sie hat Pandora das Entsetzen ins Gesicht gemalt, wenn die nur noch von außen, durch das Fenster, auf ihr Reich schauen darf. Es ist ein Paradies, das sie verliert. Eine Idylle. Ein altmodisches Haus mit einem Frühstückstisch ohne Kaffeemaschine, einem Schuppen ohne Rasenmäher, dafür mit Axt und einem Stoß Holz. Die Säge, das Seil, den grünen Schlauch und die rote Schippe, all das hat die bekannte Illustratorin mit Stift und feinsten Pinselstrichen auf das Papier gezeichnet und aquarelliert. Glücklicherweise aber nicht so akkurat, daß die eine oder andere Perspektive ihres detailreichen Naturalismus nicht ein bißchen schief geraten wäre. So gibt es keinen Absturz ins nostalgisch Kunstgewerbliche.

Dietlind Blechs Pandora ist ein Charakter, kein Kätzchen. Allein und verloren steht sie auf weiter Flur. Doch bereit, die streunende, wilde Katze zu werden, die sich fauchend ihrer Haut zu erwehren weiß. Daß sie schließlich mit ihren zwei eigenen Katzenjungen wieder ins Haus zurückkehrt, scheint dann auch weniger William Maynes Happy End gedankt als Pandoras Eigensinn, der ihr ins Gesicht geschrieben steht. So schnell gibt sie nicht auf, vor allem, nachdem sie nun weiß, daß Babys eine Menge Zuwendung brauchen. Brigitte Werneburg

William Mayne: „Pandora“. Mit Bildern von Dietlind Blech. C. Hanser Verlag, 24,80 DM