Herzrhythmusstörungen bald vorbei

In Thailand könnte mit dem sich abzeichnenden Ende der Regierungskrise auch das geschwächte Herz von König Bhumibol bald wieder regelmäßig schlagen. Chuan Leekpai wahrscheinlich neuer Premier  ■ Aus Bangkok Jutta Lietsch

Vorhang zu! Tusch! Der Politzirkus, der das thailändische Publikum in den letzten Tagen mehr zum Weinen als zum Lachen brachte, ist vorerst zu Ende. Oppositionsführer Chuan Leekpai erklärte gestern nachmittag, er habe genug Abgeordnete für eine neue Mehrheit im Parlament hinter sich und könne nun regieren. Weil aber zuvor auch andere Politiker geschworen hatten, sie hätten eine regierungsfähige Mehrheit, beschloß der Parlamentspräsident, selbst zu zählen. Das werde bis Sonnabend dauern, vermutete er.

Um Mitternacht war der bisherige Premierminister Chavalith Yongchaiyudh wie angekündigt zurückgetreten, was vielen Bangkokern als „beste Entscheidung in seiner gesamten einjährigen Regierungszeit“ erschien. Nach seiner von Korruptionsskandalen und der schlimmsten Finanzkrise seit Jahrzehnten geschüttelten Amtszeit hatte der ehemalige General allerdings erst nach langem Zögern aufgegeben. Er ging offenbar erst auf Drängen des mächtigen Militärs.

Bis zuletzt versuchten seine Partner in der Sechs-Parteien-Koalition, sich an der Macht zu halten. In solchen Situationen fließt üblicherweise viel Geld, um Politiker anderer Parteien anzuwerben. Schon vor Chavaliths Fall hatte das Gerangel um lukrative Posten die Regierung lahmgelegt, während die Wirtschaft immer tiefer in die Rezession sank. Entnervt erhob schließlich der Leibarzt von König Bhumibol das Wort und erklärte, der Monarch habe vor Sorge schon Herzrhythmusstörungen.

Erst am letzten Tag brachte der Premier sechs wichtige Gesetze durchs Parlament – Voraussetzung für die Reform des Bankenwesens und für die Kredite des Internationalen Währungsfonds, die Thailand vor der Pleite retten sollen. Kaum war gestern bekanntgeworden, daß wohl Chuan Leekpai neuer Premier wird, schossen die Aktienkurse in die Höhe. Der 59jährige Chuan war bereits von 1992 bis 1995 Regierungschef. Auch politische Gegner halten ihn für persönlich unbestechlich, allerdings wenig entscheidungsfreudig und ein bißchen dröge. Seine damalige Regierung stürzte über Bestechungsskandale, in die mehrere Minister und Abgeordnete seiner Partei verwickelt waren.

Chuans Demokratische Partei steht der modernen städtischen Mittelschicht nahe. Bei den letzten Parlamentswahlen gewann sie in Bangkok haushoch. Auf dem Lande jedoch, wo die Mehrheit der Thailänder lebt und Provinzpolitiker oft wie feudale Fürsten herrschen, konnten sich im letzten Jahr der bisherige Premier Chavalith und einige seiner mächtigen Koalitionskollegen durchsetzen – mit kräftigem Stimmenkauf.

Eine vor kurzem verabschiedete neue Verfassung soll dafür sorgen, daß die Regierungen demokratischer und sauberer werden. Neuwahlen sind für Anfang 1998 angekündigt. Bis dahin muß Chuan mit einer vermutlich brüchigen Koalition regieren, die unangenehme Sparprogramme durchsetzen soll. Der erste Test steht schon bald bevor: Wird er es angesichts der Finanzkrise wagen, seinen Ministern gegen die Tradition einen neuen Mercedes- Dienstwagen zu versagen?