Öko-Contra ruft zum Kampf in Nicaraguas Norden

■ In Nicaragua gibt es wieder bewaffnete Gruppen – diesmal im Namen des Umweltschutzes

San Salvador (taz) – „Früher haben wir für eine politische Sache gekämpft. Jetzt sind wir bereit, unser Leben für die Natur hinzugeben, und wir sind sicher, unsere Kinder werden es uns danken.“ So steht es in der ersten Erklärung einer „Bewaffneten ökologischen Front“ (FEA), die vor ein paar Wochen in die Redaktionen nicaraguanischer Medien geschickt wurde. Die neue Gruppierung will in der Provinz Matagalpa im Norden des Landes „gegen die skrupellosen Holzfäller“ vorgehen, „die verantwortlich sind für die Zerstörung der Umwelt“. Holzlaster sollen angegriffen und abgefackelt werden. Nach eigenen Angaben hat die FEA sechzig Mann unter Waffen. Konkrete Aktionen wurden bislang nicht bekannt. In ein paar Dörfern im Norden von Matagalpa tauchten an den Häusern Wandparolen auf. Ein paar Bewohner versichern, sie hätten schon bewaffnete Kolonnen durch die Wälder streifen sehen.

Der Contra-Krieg ist längst zu Ende. Aber noch immer verunsichern bewaffnete Banden den Norden und Osten von Nicaragua. Sie lassen sich entwaffnen, greifen wieder zum Gewehr, lassen sich wieder entwaffnen... Bei jeder neuen Demobilisierung gibt es neue Entschädigungen.

So feierte die konservative Präsidentin Violeta Barrios de Chamorro (1990 bis 1996) gleich mehrfach die endgültige Entwaffnung der Contra. Führende Mitglieder der antisandinistischen Truppe wurden dem Vernehmen nach mit sechs- und siebenstelligen Dollar- beträgen abgefunden. Für das Fußvolk gab es meist ein bißchen Land, ein bißchen Baumaterial und ein paar Dollar Startkapital. In Gegenden mit einer Arbeitslosenquote von bis zu neunzig Prozent reicht das nicht lange.

Arnoldo Alemán, seit Mitte Januar im Präsidentenamt, wollte das Problem eigentlich in den ersten fünfzig Tagen seiner Regierungszeit mit Geld erledigen und danach „mit der vollen Härte des Gesetzes“ gegen die bewaffneten Gruppen vorgehen. Tatsächlich lösten sich Mitte Juli die meisten Recontra-Verbände vorläufig auf. Gegen eine Amnestie, Wirtschaftshilfe und Kredite, versteht sich.

Die neu entstandene „Bewaffnete ökologische Front“ gehört nach ihrer ersten Erklärung zur Kategorie der „Revueltos“: Ehemalige Contras (Recontras) und ehemalige Sandinisten (Recompas) machen gemeinsame Sache. Zunächst geht es darum, ein paar Holzfirmen zu erpressen, dann muß eine ordentliche Demobilisierungsprämie herausgehandelt werden.

Solange sich die soziale Lage in Nicaragua nicht ändert, kann das noch lange so weitergehen. Toni Keppeler