Waigel verhökert das T

■ Finanzminister stopft Haushaltsloch mit Verkauf bundeseigener T-Aktien

Berlin (taz) – Bundesfinanzminister Theo Waigel will Aktien der Telekom verkaufen, um den Bundeshaushalt 1997 zu sanieren. Waigels Ministerium bestätigte gestern entsprechende Überlegungen, von denen das Handelsblatt berichtet hatte. Auf das 20-Milliarden-Loch, das die Steuerschätzung heute dokumentieren wird, reagiert der Minister mit einer Doppelstrategie: einen Teil der bundeseigenen Aktien der Telekom verkaufen und die Neuverschuldung erhöhen. Andere Varianten, wie Kürzungen im Haushalt oder eine Erhöhung der Mineralölsteuer, sind in der Koalition verworfen worden.

Auf den Bund kommt erfahrungsgemäß reichlich die Hälfte des Steuerlochs zu, das heißt Waigel fehlen 1997 etwa 10 bis 11 Milliarden Mark. Sollte der Minister beispielsweise 200 Millionen seiner zwei Milliarden Telekom-Aktien zum heutigen Kurs von rund 40 Mark veräußern, würde dies allein rund acht Milliarden Mark in die Kasse bringen.

Waigel sagte gestern in Bonn, „ein Verkauf von Aktien wäre für die Telekom unproblematisch“. Das mußte er auch sagen. Nach dem Gesetz zur Postreform II darf der Bund nämlich überhaupt keine Aktien an der Börse verkaufen, sondern nur direkt an Investoren. Zudem dürfen Aktienverkäufe nur mit Zustimmung des Telekom- Vorstandes stattfinden. Dazu gehört, daß der Börsenkurs der Telekom nicht tangiert werden darf.

Für die dann noch im Haushalt fehlenden Milliarden kündigte Waigel gestern den Rückgriff auf höhere Schulden an. Das werde nicht erwogen, das ergebe sich einfach aus der Arbeitslosigkeit, an der er nichts ändern könne.

Waigel kann mit Telekom-Verkauf und höheren Schulden seinen Haushalt zwar ausgleichen, die Einhaltung des Defizit-Kriteriums für die Währungsunion rückt aber in weite Ferne. Die Telekom-Verkäufe tragen nämlich nicht zur Einhaltung des Defizit-Kriteriums bei. Die Statistiker der Eurostat, die mit ihren Berechnungen dokumentieren, wieviel Schulden die EU-Regierungen jeweils gemacht haben, erkennen Verkäufe von Staatseigentum zur Sanierung der Staatsfinanzen nicht an. Begründung: Von solchen Verkäufen gehe keine dauerhafte Sanierung der Haushalte aus.

In Brüssel hatte Waigel wiederholt auf die schwierige deutsche Finanzlage verwiesen. Immer noch werden die deutschen Probleme von den Brüsseler Experten nicht mit denen Italiens gleichgesetzt. Während in Deutschland zumindest eine Haushaltskonsolidierung zu beobachten sei, gebe es für Italien die Befürchtung, daß nach 1997 die Neuverschuldung wieder ansteige. Hermann-Josef Tenhagen