Deng ist tot – Habermas erreicht China

■ Moderne europäische Philosophen erstmals in der Volksrepublik zu haben

Peking/Berlin (taz) – Zufall oder nicht? Seit dem Todestag von Deng Xiaoping am letzten Mittwoch kann die interessierte Pekinger Bevölkerung erstmals die Werke zeitgenössischer europäischer Philosophen in chinesischer Übersetzung lesen. Dabei handelt es sich um Bücher von Jürgen Habermas, Michel Foucault, Jacques Derrida, François Lyotard und Pierre Bourdieu. Die Bücher wurden vom Volksverlag in Schanghai verlegt. Im Vorwort der chinesischen Herausgeber werden die Autoren als „Meister des modernen Denkens“ gepriesen.

Damit zieht die französische Postmoderne nun auch in chinesische Buchläden ein. Mit der Inszenierung von Dengs Beerdigung zeigen die chinesischen Behörden zugleich, daß sie den Sprung ins Medienzeitalter geschafft haben: Das chinesische Staatsfernsehen CCTV und CNN sorgten dafür, daß ein Bauer am Gelben Fluß und ein Harvard-Professor chinesischer Abstammung gleichzeitig in ihren eigenen vier Wänden vor dem Bildschirm an den Trauerfeiern teilnehmen können – privatissime. Denn im heutigen China sind emotionale Massenkundgebungen und Wandzeitungen out. Reportage Seite 11