Ein Politiker fühlt sich mißverstanden

■ Thailands Bildungsminister möchte die Schulen fördern. Er steckt den Abgeordneten Geld zu. Der Skandal ist perfekt

Bangkok (taz) – Der thailändische Bildungsminister Sukhavich Rangsitpol ist sichtlich irritiert. Seit ein paar Tagen steht er im Mittelpunkt des jüngsten Bangkoker Politskandals, und er hat nicht den blassesten Schimmer, worüber die Leute sich eigentlich aufregen.

Denn Sukhavich ist bereit, viel Geld zu zahlen, damit die Kinder in seinem Land mehr lernen können. Aber dankt man es ihm? Nicht die Spur. „Beschämend!“ und „unmoralisch!“ schimpfte die Opposition und warf ihm sogar Bestechung vor.

Dabei begann alles ganz unspektakulär. Der Minister, knapp zwei Monate im Amt, lud am Donnerstag alle Parlamentsabgeordneten zu einer Veranstaltung der thailändischen Lehrervereinigung ein. Dort beklagte er in einer mitreißenden Rede die mangelhafte technische Ausstattung der thailändischen Schulen. Er werde das ändern, versprach Sukhavich und bat alle Zuhörer, ihm dabei zu helfen.

Jeder Parlamentarier erhielt einen Fragebogen über die Schulen in seinem Wahlkreis. Als die rund 200 Abgeordneten ihre Unterlagen studierten, stießen sie auf eine Überraschung: einen Umschlag mit nagelneuen Banknoten im Wert von 50.000 Baht, umgerechnet immerhin über 3.000 Mark.

Eine kleinen Aufwandsentschädigung für die Mühe, versicherte der Minister lächelnd. Die Opposition vermutet hinter der milden Gabe jedoch handfeste Interessen. Sukhavich wollte, behauptet sie, mit dem Geld die Parlamentarier milde stimmen: Er plane nämlich, mit Haushaltsmitteln Schulen mit Computern und Sprachlaboren auszurüsten. Dafür bräuchte er ihre Stimmen.

Doch Unerwartetes geschah: Anstatt das große Engagement des Erziehungsministers für die Reform der Schulen zu würdigen, beschuldigten ihn Abgeordnete der oppositionellen Demokratischen Partei der Korruption.

Der Minister, riefen sie, habe nicht etwa aus Sorge um das rückständige Schulwesen gehandelt, sondern mit dem Blick auf saftige Provisionen der Computerindustrie, die bei einem Großauftrag zu erwarten sind. Dies bestreitet Sukhavich energisch. Auch den Vorwurf, die „Geschäftsfreunde“ des Ministers hätten ihm 10 Millionen Baht (umgerechnet über 650.000 Mark) zur Bestechung der Parlamentsabgeordneten gegeben, damit diese die Anschaffung der Geräte durch die Regierung nicht blockierten, weist Sukhavich strikt zurück.

Der Bildungspolitiker – ein reicher Geschäftsmann, dem Wahlbeobachter bei den Wahlen im November massiven Stimmenkauf vorwarfen – ist nun hochempört. Er habe alles aus eigener Tasche bezahlt, beteuert er – und korrigierte sich kurz darauf: Seine Ehefrau Phiuphong habe ihr Bankkonto für den guten Zweck zur Verfügung gestellt.

Er werde seinen Einsatz sogar noch erhöhen, kündigte Sukhavich am vergangenen Wochenende trotzig an. Vielleicht hat der Mann mit seiner Methode ja doch noch Erfolg: Von den laut protestierenden Oppositionsabgeordneten haben, soweit bekannt, bisher längst nicht alle ihre „Aufwandsentschädigung“ zurückgegeben. Jutta Lietsch