Der Krieg fordert einen hohen Preis

■ 73 Soldaten bei Hubschrauberunglück auf dem Weg in den Süd-Libanon getötet. Nationaler Trauertag in Israel

Jerusalem (dpa/taz) – Zwei israelische Armeehubschrauber mit 73 Soldaten an Bord sind am Dienstag abend über Nordisrael in der Luft kollidiert und auf das Gelände eines Kibbuz gestürzt. Es gab keine Überlebenden. Die beiden Transporthubschrauber vom Typ Sikorsky-CH 53 befanden sich mit einer großen Menge an Munition auf dem Weg in die von Israel beanspruchte Sicherheitszone im Süd-Libanon. Der israelische Generalstabschef Amnon Lipkin- Schachak bezeichnete den Absturz gestern als „das schwerste Unglück seit Bestehen der israelischen Armee“. Die genaue Unglücksursache wird noch untersucht.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte den gestern geplanten Besuch in Jordanien ab. US-Präsident Bill Clinton, der jordanische König Hussein und Palästinenserpräsident Jassir Arafat übermittelten Netanjahu ihr Beileid. Radio- und Fernsehsender brachten gestern Sondersendungen und spielten Trauermusik, Kinos und Theater blieben geschlossen, die Fahnen wehten auf halbmast. In allen Schulen und im Parlament gedachte man der Opfer mit einer Schweigeminute. Das israelische Fernsehen hatte zuvor berichtet, einer der Hubschrauber habe wegen der Gefährlichkeit der Mission die Scheinwerfer ausgeschaltet, um möglichen Angriffen der Hisbollah-Miliz zuvorzukommen. Dies könne bei Dunkelheit und schlechter Sicht zu dem Zusammenstoß der Hubschrauber geführt haben. Am Unglücksort herrschte ein Bild des Grauens. Bis zur Unkenntlichkeit zerfetzte Körper lagen in großem Umkreis zwischen Hubschraubertrümmern und brennenden Kibbuzgebäuden. Die Bergungsarbeiten wurden von explodierender Munition behindert.

Israel kontrolliert seit 1985 eine bis zu vierzig Kilometer breite Sicherheitszone im Süden Libanons. Allein in den letzten drei Jahren sind dort 68 israelische Soldaten getötet worden. Noch am Dienstag hatten Hisbollah-Kämpfer knapp 20 israelische Stellungen in der Zone beschossen. Gerade während der letzten Tage häuften sich die Stimmen israelischer Politiker, die laut über einen einseitigen Rückzug aus der Zone nachdachten. Noch lehnt die Regierung dies kategorisch ab. Aber politische Beobachter erwarten, daß die Zone schnell geräumt wird, sobald es wirklich ernsthafte Fortschritte bei den Friedensverhandlungen mit Syrien gibt. Oppositionsführer Schimon Peres erklärte dazu: „Wir können nicht ignorieren, daß die Tragödie mit Libanon zu tun hat.“ Die israelische Armee könne im Libanon „nicht noch unbestimmte Zeit verbleiben“. „Wir müssen tapfer sein und akzeptieren, daß ein Preis zu zahlen ist für den Frieden mit Libanon und Syrien“, sagte Peres. Ohne Rückgabe der Golan-Höhen aber will Syrien keinen Frieden schließen mit Israel. Ohne einen solchen Frieden wird der Krieg im Süd-Libanon weitergehen.