taz-Serie KulturenDialog: Beziehungsarbeit statt „Kampf der Kulturen“

Die Entwicklung der Orientalistik von einer rein philologisch orientierten Orchideenwissenschaft zur interdisziplinären Kulturwissenschaft beschreibt der Orientalistikprofessor Gernot Rotter. Basis dieser Entwicklung ist eine Selbstreflexion. Die wissenschaftliche Arbeit kann sich nicht in der Textanalyse vergraben, sie muß sich auf Menschen und Gesellschaften beziehen. Um dieser Kulturbegegnung standhalten zu können, muß der „weltfremde Stubengelehrte“ sein wissenschaftliches Instrumentarium, seine Methoden erweitern. Er muß Erkenntnisse aus anderen Bereichen, etwa der Anthropologie, hinzuziehen. Häme über die verstaubten Orientalisten wäre jedoch fehl am Platz: der Boom der internationalen Kommunikation, das Zusammenrücken der Kulturen, die weltweiten Migrationsbewegungen stellen Menschen in vielen Bereichen vor die Situation, daß sie ihre fachlichen Aktivitäten im Kontext eines Kulturdialoges entwickeln müssen. Grundlegende Fragen werden für viele heute relevanter: Wie kann man andere Kulturen verstehen? Welche Rolle spielt dabei die eigene Prägung und Wahrnehmung? Anthropologisches Problembewußtsein muß mehr denn je Allgemeingut werden. Mit unserer Serie „KulturenDialog“ wollen wir die Bedingungen des Kulturaustauschs ins Blickfeld rücken. Autoren wie Werner Schiffauer, Philippe Descola und andere beschäftigen sich mit den Mechanismen bei der Wahrnehmung des Fremden. Sie werben füreine kulturelle Beziehungsarbeit statt den „Kampf der Kulturen“. Thomas Hartmann/Edith Kresta