Italien hilft seinen Bäuerinnen im Milchkrieg

■ Die Regierung gleicht die Strafen der EU-Kommission gegen zu hohe Milchquoten durch Subventionen aus. Die Bauern sind trotzdem unzufrieden.

Rom (taz) – Neidvoll blicken Deutschlands Politiker zur Zeit nach Rom. Sie werden das Bußgeld für nicht umgesetzte EU-Normen brav zahlen. Die Regierung in Rom hat hingegen durch den sogenannten „Milchkrieg“ erhebliche Zugeständnisse aus Brüssel erreicht. Die EU-Kommission hatte Italien zu 3,4 Milliarden Mark Strafe verdonnert, da die dortigen Bauern die erlaubten Milchhöchstquoten seit Jahren mächtig überschreiten. Seit Wochen blockieren die Bauern aus Protest die Zugänge zu den norditalienischen Flughäfen sowie einige Schnellstraßen Süditaliens.

Die Regierung hat die Situation offenbar bewußt eskalieren lassen, um in Brüssel verdeckte Subventionen durchzubekommen. Zunächst hat Haushalts- und Schatzminister Carlo Azeglio Ciampi eine Ratenzahlung ausgehandelt: 25 Prozent der Strafsumme muß er sofort bezahlen, den Rest in zwei Monaten – mit der Aussicht noch einmal verhandeln zu können. Bis dahin soll eine Kommission, an der auch aufsässige Bauern teilnehmen, die Milchquotenregelung überprüfen und Vorschläge für eine Neuverhandlung der Quoten in Brüssel ausarbeiten. Sofort sollen die Bauern Sonderkredite erhalten, die sie mit höchstens 2,8 Prozent verzinsen müssen – faktisch zinsfrei angesichts der Inflationsrate von knapp drei Prozent.

Dies ist eine sektorale Subvention, die überall verboten ist. Die Bauern bekommen nun auch noch „Ausgleichszahlungen“, die mit der Milchüberproduktion kaum etwas zu tun haben: So etwa für den „Ausfall aufgrund der BSE- Seuche“ – wobei in Italien noch kein einziges Rind daran erkrankt ist und geschlachtet werden mußte. Jungbauern, die den Betrieb ihrer Eltern übernehmen, dürfen überdies noch als „Förderung von Existenzgründungen“ getarnte Sondermittel einstreichen. Schließlich bekommen die Bauern wieder bis zu 200 Mark Schlachtprämie pro Tier, dessen Fleisch aber weiter verkauft werden kann.

Zumindest an dieser Stelle wollen die EU-Kommissare diesmal kontrollieren. Zu gut erinnern sie sich, wie vor zehn Jahren tausend Mark Tötungsprämien pro Tier gezahlt wurden. Zum Beweis der Schlachtung sollte das linke Ohr der abgedeckten Kuh eingeschickt werden – woraus sich der Spottname der „einohrigen apulischen Milchkuh“ entwickelte. Die Bauern hatten den Kühen lediglich ein Ohr abgeschnitten. Werner Raith