ORTOGRAFIIIIIIIIIIIIIEH!!!

■ Noch nie war ein aufruf zum ziwilen Ungehorsam so erfolgreich wie der gegen die Rechtschreibreform von 1996

Die Konservatieven toben, die Schulkinder und die Anarchist Innen jubeln: jetzt, Ende des jahres 2006, haben wir endlich den vollkommen gesezzlosen Zustand erreicht. Zumindest in der deutschen Ortografie. Aber wer das deutsche Gemüth kennt, weiss, wie wichtig ihm die sprache ist. Sie zu beherrschen heist die deutsche Denke zu beherrschen, also die Deutsche Politik und damit Gesamteuropa. First we take the language, then we take Berlin!

Noch niee in der deutschen Historie war eine Kampagne zum Ziwilen Ungehorsam so erfolgreich wie die von den SchriftschtellerInnen gegen die Rechtschreibrephorm ausgerufene. Allen voran war es Hanz Magnus Ensensberger, der offen dazu aufrief, die neuen regelungen zu sabbotieren.

Wir erinern uns: Am 1. Juli vor zhen Jahren hatten die Bundesrebublik, Östereich und die Schweiz die Reform in einer zwischenstaatlichen erklärung verkündet. 1996 sollten die Neuen regeln bereitz „vorab tolleriert“ werden, 1998 solten sie verbindlich in kraft treten. Die alten regeln sollten allerdings noch bis 2005 in einer art doppelherschaft weiter gelten dürfen, bis sie anfang dises Jares endgültig abgeschafft werden solten.

Zuerst waren es die schülerInnen, die sich enzensbergers Appelll zu herzen nahmen und 1998 in kollektifen Streik Traten. Erleichterung war ihnen versprochen worden, Vereinfachung, mehr Logik in den Regeln. Ach, wie schön wäre das gewesen, ach, wie lieblich wäre ihnen der Singsang des Lehrers beim Diktat vorgekommen! Doch die Fachleute in der zwischenstaatlichen Kommission hatten sich von den Konservativen lauter laue Kompromisse in ihre Sprachregelungen hineindrücken lassen.

Die gemäßigte Kleinschreibung war den gestreßten SchülerInnen versprochen worden, und nun wurde plötzlich mehr großgeschrieben als früher. Die Reform sei das Letzte, so fanden die kids. Warum soll ihnen nun angst werden, nur weil ihnen eine dahergelaufene Kommission Bange machen will, warum sollen sie schuld an Diktatfehlern sein, wenn sie diesen Idioten die Schuld geben können? Belämmert!

BOYKOTT DER GROSSSCHREIBUNG

Ein Aufruf des bundesweiten Zusammenschlusses der Allgemeinen Schülervertretungen, den kümmerlichen Reformansatz in auf eigene Faust zu radikalisieren und mindestens die konsequente Kleinschreibung zu praktizieren, fand ein millionenfaches Echo. ihnen solle die hand abfallen, schworen schülergruppen öffentlich, wenn ihnen auch nur einmal noch ein großbuchstabe aufs papier käme. der chaos computer club schloß sich begeistert an und schickte einen computervirus durchs internet, der sämtliche großen lettern mit hörbarem plopp! zerstörte. tageszeitungen und buchverlagen, die weiterhin großbuchstaben druckten, wurde ein kaufboykott angedroht. gezwungenermaßen gaben die verleger klein bei. Das sei ja alles nett und schön und zivil ungehorsam, meldete sich nun wieder Enzensberger in einem spiegel-interview zu wort. Aber das Beharren auf der allgemeinen Kleinschreibung sei doch auch wieder nur ein neuer Dogmatismus und Konformismus, der die vielen anderen Ungereimtheiten der Reform vergessen mache. Er persönlich finde es viel schlimmer, viel unlogischer, viel widersinniger, daß man per Bürokratenerlaß gezwungen werden solle, nahestehende Freunde auseinander zu reißen und zu nahe stehenden Freunden zu machen, daß man nichts mehr aneinanderfügen dürfe, sondern nur noch aneinander fügen, daß man nicht mehr zueinanderfinden dürfe, sondern nur noch zueinander finden. Aber vielleicht, so fügte er sarkastisch hinzu, sei das für SchülerInnen nicht so schlimm. Schließlich sei auch das Sitzenbleiben per Spracherlaß abgeschafft worden und durch das viel harmlosere sitzen bleiben ersetzt worden.

für sie sei das sehr wohl schlimm, antwortete der bundes rat autonomer schülerinnen und rief zum boykott der regeln für die getrennt- und zusammen schreibung auf. sekundiert wurden sie von einer bundesweit schnell wachsenden „bürger initiative gegen das ß“. in einem modernen europa, so hieß es in ihrer von wütiger hand geschriebenen gründungs erklärung, sei die zeit überreif für die abschaffung dumpfdeutscher sonder rechte wie das beharren auf dem sonst welt weit nirgendwo existierenden „ß“. dass das alte „daß“ nun „dass“ geschrieben werden müsse, sei nur eine foltervorschrift von anal fixierten zwangscharakteren und entbehre angesichts der weiter geltenden schreib weise von „maß“, „straße“ oder „draußen“ jeder logik. einzig mögliche abhilfe: abschaffung jeder verbindlichen ß-, s- und ss-regelung.

ob die bundesbürgerinnen nun zu millionen begeistert waren oder angesichts der immer kaotischer werdenden ortografie einfach nur verwirrt – der vorschlag setzte sich durch. und mehr noch: wenn dass möglich ist, dann mus Auch anderes möglich sein, dachte sich bald Jedes Mensch, das an einem kompjuter oder vor einem blatt papir hing. Alle schrieben wi sie lustig waren. Ganz so habe Er es Nicht gemeint, suchte ensensberger ein leztes Mal zu inter venieren. Vergebblich! Der Allgemeine sprachferfall war nicht mer aUfzuhwalten. Jedder naCH seinen fäigkeiten, jedernach sEInen bedrüfnisen! komm UNI s MUuhhhhsss ANA chiiee! Ute Scheub