Auch harte Rocker können Angst bekommen

■ Dänemarks verfeindete Bandidos und Hells Angels wollen Frieden schließen

Kopenhagen (taz) – Der skandinavische „Rockerkrieg“, der seit mehreren Monaten zwischen Hells Angels und Bandidos tobte, scheint zu Ende zu sein. Der Raketenangriff mitten in Kopenhagen auf ein Hells-Angels-Fest vor drei Wochen, der zwei Tote und 19 Verletzte kostete, war offenbar nicht nur der Höhe-, sondern auch der Schlußpunkt des Kampfes. Insider schließen dies aus Signalen beider Oranisationen.

Als Friedenszeichen der Hells Angels wird angesehen, daß diese seit Anfang September auf mehrere Anschläge der Bandidos nicht mehr mit Vergeltungsaktionen reagiert haben. Die Bandidos ihrerseits gingen mit einem für diese Gruppe ungewöhnlichen Friedensangebot an die Öffentlichkeit: Wenige Tage nach dem Anschlag von Kopenhagen erklärte ihr Präsident Jim Tinndahn im dänischen Fernsehen die Bereitschaft zu einem „Waffenstillstand“. Hells- Angels-Sprecher Jörn Nielsen wies dieses Angebot nicht zurück, sondern erklärte, es sei Sache der Bandidos, die diesen Krieg begonnen hätten, ihn auch zu beenden. Die Schuldigen für den Anschlag von Kopenhagen müßten aber bestraft werden. Womit er offenbar keine Racheaktion der Hells Angels im Auge hatte, sondern zum Ausdruck bringen wollte, daß auch die staatliche Justiz als „Vergeltungsinstanz“ ausreichen könnte. Insidertips sollen dann tatsächlich dazu geführt haben, daß in der vergangenen Woche zwei zwei Bandido-Mitglieder von der dänischen Polizei verhaftet wurden.

„Auch Rocker können Angst bekommen“, schätzt Kurt Jensen, Chef der Kriminalpolizei von Kopenhagen, die Situation ein. Das vermutlich ausschlaggebende Signal für einen Stopp des Kriegs kam aus der Bandidos-Zentrale in den USA. Was in der straff geführten Organisation die Zentrale in Texas sagt, gilt als Befehl. Und dieser ist der Kampf der skandinavischen Brüder offenbar nicht wichtig genug, um dafür massive Schwierigkeiten zu Hause zu bekommen. Man versucht dort nämlich gerade, das extreme Outlaw- Image abzustreifen. Ein blutiger Krieg in Europa könnte sich auch schnell in die USA ausbreiten. Hier haben Hells Angels, Bandidos, Outlaws, Pagans und Sons of Silence ihre „Claims“ abgesteckt. „Wir wünschen uns“, so Craig Johnston, der „internationale Präsident“ der Bandidos gegenüber der dänischen Tageszeitung Berlingske Tidende, „daß die Parteien in Dänemark Frieden schließen und das Morden aufhört.“ Der dänische Rechtsanwalt Thorkild Høyer, zeitweise von beiden Seiten als Friedensmakler ins Gespräch gebracht, hält den „Krieg“ für beendet: „Ich glaube, die brauchen mich nicht mehr.“ Reinhard Wolff