Türkei: Massenhafte Vergewaltigungen

■ Eine Vertreterin des Menschenrechtsvereins Ankara berichtet

„Mehrere tausend Fälle von Vergewaltigungen“ sind ihr zu Ohren gekommen, in ihre Dokumentation hat sie aber nur diejenigen aufgenommen, die sie „zweifelsfrei nachweisen“ kann. Meryem Erdal, Anwältin des türkischen Menschenrechtsvereins berichtet zur Zeit in Hamburg über die Verfolgung und Folterung von Oppositionellen in der Türkei. Besonders grausam sei dabei die „massenhafte“ Vergewaltigung von Männern und Frauen durch die Polizei, die sogenannten „Dorfschützer“ und andere staatliche Sicherheitskräfte.

Neben „normalen“ Vergewaltigungen sei es staatliche Praxis, so die türkische Menschenrechtlerin, Oppositionelle „mit Knüppeln, Stuhlbeinen und Flaschen“ anal zu penetrieren. Dabei gebe es „keine Hinweise“ darauf, daß speziell die kurdischen Bevölkerungsteile Opfer der Vergewaltigungs-Folter werden. Vielmehr seien alle Menschen, die das türkische Regime als „Staatsfeinde“ ausmacht, betroffen. Nach Einschätzung von Meryem Erdal wird „nur ein Bruchteil dieser Vorfälle bekannt“. Denn die meisten Opfer würden „aus Angst vor staatlicher Verfolgung oder aus Scham“ schweigen.

Meryem Erdal bereitet zur Zeit ein Buch vor, in dem sie diese spezielle Folterpraxis dokumentiert. Keine ungefährliche Arbeit. Doch die Einhaltung der Menschenrechte sei „ein so hohes Gut“, daß die Anwältin bereit ist, „auch wirklich jedes Risiko in Kauf zu nehmen“. 13 Mitglieder des Menschenrechtsvereins Ankara – darunter 5 Vorstandsmitglieder – wurden nach Angaben von Meryem Erdal seit der Gründung des Vereins von „unbekannten Tätern“ ermordet.

Ständige Bespitzelungen der Organisation, die 2400 Mitglieder in Ankara hat, seien genauso politische Praxis der Regierung wie Prozeßlawinen wegen „staatszersetzender Aktivitäten“ gegen die Vereins-AktivistInnen. So wurden alle Vorstandsmitglieder des Vereins Djabakir inhaftiert und stehen zur Zeit vor Gericht. Weil sie eine inzwischen beschlagnahmte Dokumentation der Menschenrechtsverletzungen in ihrer Region erstellt hatten, drohen ihnen Knaststrafen von jeweils 15 Jahren. M. Carini

Am heutigen Donnerstagabend berichtet Meryem Erdal ab 18.30 Uhr im Hörsaal B des Philturms (Von Melle-Park 6) auf Einladung von amnesty international sowie des AStA über die Vergewaltigung von Männern und Frauen in der Polizeihaft und die Verfolgung von MenschenrechtsanwältInnen in der Türkei.