Das Portrait
: Die streitbare Bosnien-Ärztin

■ Monika Hauser

Bundespräsident Roman Herzog wird am 8. Oktober vergeblich versuchen, ihr ein Bundesverdienstkreuz umzuhängen. Mit ihrem Fernbleiben protestiert Monika Hauser gegen den Beschluß der deutschen Innenminister, bosnische Flüchtlinge ab 1. Oktober nötigenfalls mit Gewalt in ihre Heimat „zurückzuführen“. Das sei nicht nur angesichts des kommenden Winters eine „menschenverachtende Politik“, findet die Frauenärztin und Gründerin des bosnischen Frauentherapiezentrums Medica. Erstens gebe es in Bosnien immer noch 1,4 Millionen Binnenflüchtlinge, die vielerorts auf Pritschen in Turnhallen nächtigen müßten, während die Kriegsverbrecher frei herumliefen. Diese Flüchtlinge bildeten einen menschlichen „Rückstau“, weil kaum jemand in die serbisch besetzten Gebiete zurückkehren könne. Zweitens sei dies eine Form der „Sekundärtraumatisierung“: „Wenn man traumatisierten Menschen mit Abschiebung droht, stürzt man sie in Panikreaktionen, auch wenn man erwähnt, daß sie nicht zu der Gruppe gehören, die zuerst gehen soll. Ihre Krankheiten nehmen zu, ihre Verletzungen brechen wieder auf, die Suizidgefahr steigt.“

Die gebürtige Südtirolerin kennt sich da sehr gut aus. Schon während ihrer Ärzteausbildung in Essen arbeitete sie mit traumatisierten Frauen und Mädchen, die Opfer einer Gruppenvergewaltigung geworden waren. Bei einem Saunabesuch im Jahre 1992 las sie einen Bericht über die Massenvergewaltigungen in Bosnien und beschloß: „Ich muß da hin!“ Ohne Geld, ohne organisatorische Unterstützung von außen begann sie in Zenica mit dem Aufbau der drei „Medica“-Häuser. Sie und ihre Mitarbeiterinnen betreuten zwischen 1993 und 1995 unter schwierigsten Bedingungen an die 12.000 Frauen mit ihren Kindern. Unter den ständig re-traumatisierenden Bedingungen sei keine Therapie, nur Krisenintervention möglich gewesen, berichtete sie: „Als die Serben Srebrenica überrannten und Tausende umbrachten, war bei vielen Frauen der ganze Therapieerfolg dahin. Wir fingen wieder von vorne an.“

Für ihre Arbeit wurde Monika Hauser 1993 von den Tagesthemen zur „Frau des Jahres“ gekürt, später gar zur „Frau des Jahres in Europa“, 1994 bekam sie den „Gustav- Heinemann-Bürgerpreis“. Ute Scheub