■ Israels Staatspräsident Eser Weizman will Arafat treffen
: Unwillig, in Pension zu gehen

Mit 72 Jahren ist Präsident Eser Weizman das Enfant terrible der israelischen Regierung – ganz egal ob der Regierungschef Rabin, Peres oder Netanjahu heißt. Als Neffe des sagenhaften zionistischen Führers, der am Ende seines Lebens der erste Präsident Israels war – Eser ist der siebte –, ist er so etwas wie ein israelischer Aristokrat. Früher, als Chef der Luftwaffe, galt er als extremer Falke. Als Ägyptens Sadat in den siebziger Jahren nach Jerusalem kam, geschah mit Weizman, was dem antichristlichen Rabbiner Saul seinerzeit auf dem Weg nach Damaskus passiert war: Er hatte eine Erleuchtung, und aus dem extremen Falken Weizman wurde eine extreme Taube.

Als Weizman Jahre darauf merkte, daß Begin gar nicht daran dachte, das Abkommen bezüglich der palästinensischen Autonomie auszuführen, dankte er kurzerhand ab. Es war daher natürlich, daß die Arbeitspartei, als sie wieder allein an der Macht war, ihn zum Staatspräsidenten wählen ließ. Ein Fehler: Denn das Amt hat praktisch keine Befugnisse außer dem Recht, Häftlinge zu begnadigen. Das genügte dem alten Haudegen nicht. Er wurde politisch aktiv, zum großen Ärgernis Rabins. Denn seine Interventionen waren nicht nur verfassungsmäßig fraglich, sondern auch politisch erstaunlich. Die bekehrte Taube rückte wieder nach rechts, wurde zum Liebling der extremen Siedler. Eser erreichte seinen Zenit, als er sich weigerte, die Begnadigung von palästinensischen Häftlingen zu unterschreiben, die laut Osloer Vertrag bedingungslos freigelassen werden mußten. Sie sitzen immer noch. Böse Zungen behaupteten, daß Eser dies nur tue, um nicht vergessen zu werden.

Seit Netanjahu an die Macht gekommen ist, war Weizman ein paar Monate lang ruhig. Damit hat es nun ein Ende. Er ist wieder eine Taube. Da Netanjahu den Friedensprozeß praktisch gestoppt hat und sich „vorläufig“ auch mit Arafat nicht treffen will, um einen Streit mit seinen ultrarechten Koalitionspartnern zu verhindern, erklärte der Staatspräsident gestern so überraschend wie bündig, dann würde er sich eben mit dem Palästinenserchef treffen. Wenige nahmen das ganz ernst, und nach einer kurzen Besprechung mit Netanjahu wurde aus der praktischen Drohung eine theoretische Stellungnahme. Aber Netanjahu sah sich doch gezungen zu versprechen, daß er demnächst mit Arafat sprechen werde. Also doch ein Erfolg, und eine Ansage des alten Fliegers, daß er noch nicht bereit sei, sich zur Ruhe zu setzen. Uri Avnery