Entwickelt Spranger!

■ Entwicklungshilfeminister will Bosnier loswerden

Carl-Dieter Spranger, der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit einem Parteibuch der Christlich-Sozialen Union, ist qua Amt ein weltläufiger Mensch. Er kennt sich auch in Bosnien hervorragend aus. Gestern nun brachte er seine neuesten Erkenntnisse uns allen zu Gehör: „Es gibt keinen überzeugenden Grund mehr für die Bürgerkriegsflüchtlinge, in Deutschland zu bleiben.“

Keinen Grund? Vielleicht einen einzigen, klitzekleinen: das Dayton-Abkommen. Im Beisein des Zeugen und Mitgaranten Helmut Kohl, der dem Minister ja persönlich bekannt sein dürfte, wurde in Dayton feierlich das Prinzip der freiwilligen Rückkehr unterschrieben. Zwangsweise Vertriebene sollen nicht erneut unter Zwang in ihre zerstörte Heimat zurückverfrachtet werden.

Aber lassen wir das humanistische Gesülze oder Hinweise auf die christliche Nächstenliebe beiseite. Wir haben ja durchaus Verständnis für den Herrn Spranger, daß er als unbekanntester Minister aller Zeiten (UMAZ) ab und zu seine Existenz beweisen muß. Ein typischer UMAZ wacht nachts auf und weint still in die Kissen: Niemand kennt mich! Niemand liebt mich! Und er zieht den Rotz die Nase hoch: Wenigstens gehaßt will ich werden!

Pech gehabt, Herr Spranger: Denn wir wollen ihm den Gefallen nicht tun. Im Gegenteil: Die taz hat spontan einen Spranger-Entwicklungshilfefonds ins Leben gerufen. In der Begründung des Notkomitees heißt es: „Es schnürt uns das Herz zusammen, daß Minister in diesem Lande offenbar so gut wie keine menschliche Entfaltungsmöglichkeiten besitzen. Ein für fremde Kulturen zuständiger Minister, der nicht einmal die eigene Kultur wahrzunehmen in der Lage ist, der seit Jahren die seltsame Vorstellung mit sich herumträgt, Deutschland sei ,kein Einwanderungsland und keine multikulturelle Gesellschaft‘, ein Mann, der die Welt jenseits der Bundesrepublik als Belästigung deutschen Wollens und Wirkens wahrnimmt, benötigt dringend persönliche Entwicklungsförderung.“

Ob diese die Form eines längeren Bildungsurlaubs in Köln-Wahn oder einer psychotherapeutischen Behandlung annehmen oder besser gleich als Umschulung finanziert werden sollte, hängt auch von der Höhe der eingehenden Spenden ab. Ute Scheub