„Ich würd' als Krabbe auch abhauen“

■ Krabbenfischer und Naturschützer kämpfen gemeinsam gegen die Außenweser-Vertiefung

Im Kutterhafen von Fedderwardersiel formierte sich gestern eine ungewöhnliche Allianz, um das Planungsverfahren gegen eine erneute Vertiefung der Außenweser zu kippen. Seite an Seite protestierten Krabbenfischer und Umweltschützer.

„Früher haben wir uns mit denen oft gekabbelt. Aber bevor die in Bremerhaven uns die Krabben wegnehmen, stehen wir alle zusammen,“ erklärt Kutterfischer Alfred Lönneweber die erstmalige Zusammenarbeit von Weserfischern und dem Bund für Natur- und Umweltschutz (BUND).

Die in Bremerhaven, das ist das Wasser- und Schiffahrtsamt. Das möchte mit der Vertiefung der Fahrrinne an der Wesermündung auf 14 Meter den Containerhafen für die Konkurrenz mit Hamburg und Rotterdam fit machen.

Für Martin Rode vom BUND ist der Preis für die zusätzlichen zwei Meter Fahrrinnentiefe zu hoch. „Wir befürchten, daß es bei den nötigen Bagger- und Verklappungsarbeiten zu einer weitgehenden Vernichtung der mikroorganischen Bodenlebewesen kommt.“ Damit wird Fischen und Krabben die Lebensgrundlage entzogen. Mindestens ein Jahr lang müßte nachgebaggert werden, um die Tiefe zu halten. Fischer Lönneweber: „Da würd' ich als Krabbe auch abhauen. Aber selbst wenn da noch was überbleibt, werden unsere Fangbedingungen so schlecht, daß das nicht mehr lohnt.“

18 Fischerreibetriebe mit rund 100 Arbeitsplätzen stehen nach Ansicht der Fischer auf dem Spiel. Dagegen glaubt Wilfried Rodiek, Leiter des Wasser- und Schiffahrtsamts: „Die Bedingungen für den Fischfang werden sich zwar objektiv etwas verschlechtern, aber diese Angst ist mit Sicherheit übertrieben.“

Doch schon heute kann die anlaufende Flut die Weserströmung nur zwei bis drei Stunden pro Tag so weit neutralisieren, daß Kutterfischen überhaupt möglich ist. Lönneweber: „Und das wird weniger mit jeder Vertiefung.“ Zudem wächst durch das Baggern die Gefahr für die Boote. Rollholz und Torfstücke treiben im Wasser, gelangen in die Netze.

Das trifft alle in der Region. In Wremen protestieren ebenfalls die Fischer, und in Federwardersiel wollen auch Landratten wie Knut Henken vom „Hafenladen“ keine Bagger. Denn ohne Fischkutter keine Touristen. Und im Fedderwarder Priel ist ohnehin das Wasser knapp. Auch wenn Rodiek topographische Prozesse dafür verantwortlich macht - links der Weser ist man der Ansicht, daß ihnen der Containerhafen das Wasser für die Sportschiffe im Yachthafen abgräbt.

Eine Entschädigungslösung, wie sie vor drei Jahren bei der Emsvertiefung praktiziert wurde, ist also laut Kutterfischer Söhnke Thaden nicht drin. „Wir können nirgendwohin mehr ausweichen.“ Also ist das Ziel des Protestes, ein fischbiologisches und fischereiwirtschaftliches Gutachten innerhalb des Planungsverfahrens zu erzwingen, um die Existenzbedrohung für die Fischer abzuschätzen. Mit diesen Erkenntnissen soll das Planungsverfahren dann gekippt werden. Notfalls wird geklagt.

In Bremerhaven ist man davon wenig begeistert. Rodiek: „Unsere Gutachter halten die Auswirkungen der Baumaßnahmen für unbedeutend. Für so eine Klage gibt es keine Grundlage, denn die Hauptfahrrinne ist kein Fanggebiet. Mitten auf der Autobahn werden schließlich auch nicht nur die ökologischen Aspekte berücksichtigt.“

Lars Reppesgaard