Volksheld in Rente

■ Hans Schuierer

Anti-Atom-Landrat Hans Schuierer Foto: dpa

„Den Tag werde ich richtig genießen.“ Der morgige 1. Mai ist für den Schwandorfer Landrat Hans Schuierer ein besonderer Tag. Seit 50 Jahren hat er keine Maidemonstration in Schwandorf ausgelassen. Er wäre „nie auf die Idee gekommen“, des schönen Wetters wegen bei der Kundgebung der Gewerkschaft zu fehlen. Das ist diesmal nicht anders, auch wenn es der erste Tag im Rentnerdasein des in der Oberpfalz zum Volkshelden avancierten SPD-Politikers ist.

Schon mit 17 Jahren versuchte Schuierer seine politischen Ziele mit der SPD zu realisieren, geprägt von seinem Vater, den die Nazis ins KZ Flossenbürg brachten. Auf seinen Werdegang vom Volksschüler, Maurer und gelernten Wegemacher zum Landrat war er immer stolz. 1970 war er zum ersten Mal gewählt worden, bei der letzten Wiederwahl 1990 erzielte er mit 71,7 Prozent ein triumphales Ergebnis. Schuierer war aufgrund seines energischen Widerstands gegen die in Wackersdorf geplante Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) weit über die Region hinaus populär geworden.

„Ich werde es nicht dulden, daß unsere Bürger zu atomaren Versuchskaninchen der Nation gemacht werden“, war sein Motto. Stets marschierte er an der Spitze machtvoller Anti- WAA-Demonstrationen mit, und auch bei härtesten Auseinandersetzungen zwischen WAA-GegnerInnen und der Polizei weilte er direkt am Bauzaun. Vertreter der bayerischen Staatsregierung rückten ihn in unmittelbare Nähe zu „militanten Chaoten“ und bezeichneten ihn als „Saboteur, Volksverhetzer, Rädelsführer und Rechtsbrecher“. Der Versuch, ihn mit einem förmlichen Disziplinarverfahren aus dem Amt zu drängen, schlug jedoch fehl. Zähneknirschend mußte das bayerische Innenministerium im April 1989 kurz vor dem endgültigen Aus für die WAA die gerichtliche Einstellung des Verfahrens hinnehmen.

Für Schuierer war das Ansporn, weiter für seine Ziele – und das bedeutete stets gegen die CSU-geführte Staatsregierung – zu kämpfen. Er wehrte sich gegen die rigorose Abschiebungspraxis bayerischer Behörden und entlarvte die allzu großen Versprechungen von neuen Arbeitsplätzen in der Region Schwandorf als leere Worthülsen. Jetzt wird er als einfacher Stadtrat von Schwandorf seine Erfahrungen einbringen. Dazu gehört, daß „man denen oben nicht alles glauben“ dürfe und daß man „ihnen auch hin und wieder mal ein Schnippchen schlagen“ könne. Bernd Siegler