Schwarzer Peter im Karoviertel

■ Nach acht Jahren steht ein für 1,6 Millionen Mark saniertes Haus vor dem Abriß Von H. Haarhoff

Schwarzer Peter Karoli-nenstraße  27: Mit üblen Kartenspieler-Tricks versucht das städtische Wohnraum-Trio aus Eigentümerin Liegenschaft, Verwalterin Saga und Sanierungsträgerin Stadterneuerungsgesellschaft (Steg), die politische Verantwortung für den skandalösen Verfall des gründerzeitlichen Wohnhauses im Karo-Viertel auf den jeweils anderen abzuwälzen. Erneuter Sanierungsbedarf nach nur acht Jahren, Pfusch am Bau, Verplemperung öffentlicher Mittel in Millionenhöhe und selbstverschuldete Vernichtung preisgünstigen Wohnraums lauten die Vorwürfe. Der Erhalt des fünfstöckigen Gebäudes ist der städtebauliche Anspruch, Abriß aber die wohl einzig reale Lösung.

„Wir führen Gespräche vor dem Hintergrund, daß die Steg die Gebäudesanierung übernehmen soll“, gibt sich Finanzbehörden-Sprecherin Annette Verhein-Jarren optimistisch. Doch deren Finanzierungsbereitschaft zum Erhalt des einsturzgefährdeten Mietshauses hat den Nullpunkt erreicht: „Wir“, lehnt Steg-Sprecher Rüdiger Dohrendorf „dankend“ ab, „wollen die Bruchbude der Saga nicht mehr haben“. Bei ihrer Gründung vor sechs Jahren hatte sich die Steg ernsthaft um das Gebäude bemüht: „Wir wollten damals sämtliche Altbauten im Karo-Viertel übernehmen, um neben horrenden Instandsetzungs-Ausgaben auch über Eigenmittel aus Mieteinnahmen zu verfügen.“

Doch auf den Profit wollte die Saga nicht verzichten. Erst 1988 hatte sie das Jahrhundertwende-Haus für 1,6 Millionen Mark aus öffentlichen Mitteln sanieren, neue Fenster und Heizungen einbauen lassen. Offenbar ziemlich schlampig: Nur acht Jahre später ist das Haus heute von Hausschwamm, Fäulnisschäden und Feuchtigkeit befallen. „Bei extremen Setzungen bis zu 18 Zentimetern“, beschied der Sanierungsarbeitskreis Karo-Viertel am vergangenen 29. Februar dem Haus das Todesurteil, „ist davon auszugehen, daß das Mauerwerk insgesamt in tragenden und nichttragenden Teilen aus dem Gefuge geraten ist“.

„1988 war der Schwammbefall noch nicht erkennbar“, weist Saga-Sprecher Herrmann Boekholt den Vorwurf mangelnder Kontrolle während der Bauarbeiten zurück. Erst 1994 seien die „erheblichen Schäden“ festgestellt worden. Der Schwamm müsse damals schlichtweg übersehen worden sein, widersprechen Gutachter. Drei Wohnungen sind inzwischen unbewohnbar, im Erdgeschoß gähnen leerstehende Ladenräume. Jetzt müsse eben erneut saniert werden, befindet Boekholt lapidar. Die Kosten solle die Liegenschaft als Eigentümerin tragen, schlägt er vor. Die aber stiehlt sich angesichts leerer Kassen aus der Verantwortung und verweist auf die Steg: 1,2 Millionen Mark sind offiziell für die Ausbesserung veranschlagt; Fachleute schätzen die Summe jedoch „auf mindestens das Doppelte“.

„Niemand wird sich dafür finden“, schätzt Gerhard Förster von der Anwohner-Ini. „Wir lassen uns nicht zwingen“, bestätigt Dohren-dorf. Und so werden knapp 1000 Quadratmeter Wohn- und Gewerbefläche wohl dem Abriß-Bagger und zugunsten eines Neubaus mit saftigen Mieten geopfert.