Frauen, Ausländer, andere Behinderte

■ Frauenbeauftragte wurden im CDU-regierten Neukölln, im SPD-regierten Friedrichshain und beinahe auch im PDS-regierten Hohenschönhausen entmachtet. "Als Sozialtante nicht ernst genommen."

Frauen, Ausländer und Behinderte – sind doch eh alles Minderheiten und Sozialfälle. So jedenfalls scheinen einige Bezirksbürgermeister zu denken. Der Neuköllner Bürgermeister Bodo Manegold (CDU) und sein Friedrichshainer Amtskollege Helios Mendiburu (SPD) haben die ihnen bislang direkt unterstehenden Bezirksfrauenbeauftragten entmachtet und ins Sozialressort abgeschoben. In Neukölln spricht die neue Ressortverteilung Bände: Die Frauenbeauftragte ist nunmehr der CDU-Stadträtin für Gesundheit, Soziales, Ausländer und Frauenfragen untergeordnet und wird vom BVV-Ausschuß für Ausländer- und Frauenfragen kontrolliert. Auch in Friedrichshain sitzt die Gleichstellungsbeauftragte jetzt zusammen mit der Behinderten- und der Ausländerbeauftragten beim SPD-Stadtrat für Gesundheit und Soziales. Ähnliches drohte letztens in Hohenschönhausen, Bürgermeisterin Bärbel Grygier (PDS-nah) sprach jedoch von einem „Mißverständnis“.

Frauenbeauftragte, wie sie im Westen heißen, oder Gleichstellungsbeauftragte, wie sie im Osten genannt werden, haben bei einer Ansiedlung direkt im Bürgermeisteramt mehr Rechte und Kompetenzen. „Wenn ich mich beim Baustadtrat über die Nichtberücksichtigung von Frauenbelangen in Bauprojekten beschwere, dann nimmt er mich als Untergebene der Abteilung Soziales doch gar nicht ernst“, macht eine Frauenbeauftragte den Unterschied deutlich. „Als Sozialtante habe ich weder ein Rederecht in den Ausschüssen noch komme ich an die Vorlagen des Bezirksamtes oder an andere Informationen heran.“ „Wir müssen an die Verwaltungsspitze, denn wir haben eine Querschnittsfunktion“, findet auch Renate Brämmert, Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenbeauftragten. Zu ihrem eigenen Fall – sie ist als Frauenbeauftragte in Neukölln betroffen – will sie nichts sagen, weil sie nicht mehr ohne amtsinterne Absprache mit der Presse reden darf.

Die Einschränkungen für ihre Friedrichshainer Amtskollegin Kirsten Gurske scheinen nicht ganz so dramatisch zu sein. Ihr bisheriger Vorgesetzter, Bürgermeister Helios Mendiburu (SPD), bewies in der Vergangenheit ein geringeres Interesse für Frauenfragen als ihr jetziger Chef, der Sozialstadtrat Lorenz Postler (SPD), so daß es die Gleichstellungsbeauftragte jetzt womöglich in manchem sogar leichter hat. Gegenüber der taz begründete Mendiburu die Ressortumverteilung mit Arbeitsüberlastung: „Ich habe schon die Bereiche Personal, Verwaltung, Finanzen, Wirtschaft und Veterinärwesen.“

Auch in Hohenschönhausen war anscheinend eine Neuverteilung der Ressorts geplant. Bürgermeisterin Grygier habe angekündigt, mit dem „Bauftragtenunwesen“ aufräumen zu wollen, hieß es Anfang der Woche in einer Pressemitteilung der frauenpolitischen Sprecherin der Bündnisgrünen, Ingrid Lottenburger. Die Gleichstellungsbeauftragte solle ins Sozialressort wechseln, die Kinderbeauftragte ins Jugendressort und die Ausländer- und Behindertenbeauftragten ins Bauressort. Doch als sich Regina Schmidt als betroffene Gleichstellungsbeauftragte bei Bärbel Grygier beschweren wollte, entgegnete ihr die PDS-intern unter Druck geratene Bürgermeisterin, sie habe nur erreichen wollen, daß sich Regina Schmidt zwecks Sicherung der Projektelandschaft verstärkt um den Bereich Soziales kümmere. Sämtliche Beauftragten blieben – mit größeren Kompetenzen als bisher – bei der Bürgermeisterin angesiedelt.

Daß die Bezirke ihre Frauenbeauftragten so unterschiedlich gut oder schlecht behandeln, liegt an der fehlenden Rechtsgrundlage. Ein Gesetzentwurf, der ihre Wahl durch die BVV, ihre Kompetenzen und Bezahlung regelt, verschimmelt seit September 1994 in den Schubladen. Mitte nächster Woche will der Frauenausschuß des Abgeordnetenhauses über die aufgelaufenen Probleme beraten. Ute Scheub