Präsident Chirac legt die Bomben nieder

■ Frankreichs Präsident erklärt Ende der Atomtests. Beitritt zur Atomwaffenfreien Zone Südpazifik. Applaus und Kritik

Berlin (taz/AP) – Der Mann, der die Bombe liebte, hört auf. Frankreichs Präsident Jaques Chirac hat nach dem sechsten und größten Atombombentest seiner neunmonatigen Amtszeit den Verzicht auf weitere Sprengungen angekündigt. Seine Ingenieure hätten bei den Test auf den Atollen Moruroa und Fangataufa im Südpazifik genug Informationen gesammelt, um für diese und die kommende Generationen einen atomaren Schild über Frankreich zu spannen.

„Ich weiß, daß die Entscheidung, die ich im vergangenen Juni getroffen habe, in Frankreich und im Ausland Angst und Emotionen hervorgerufen haben mag“, sagte Chirac. Frankreich werde nach 210 Atomtests eine führende Rolle bei der Abrüstung in der Welt übernehmen. Sein Land wolle in den kommenden Tagen dem Abkommen von Rarotonga für einen atomwaffenfreien Südpazifik beitreten.

Heute reist Chirac in die USA, um mit US-Präsident Bill Clinton über Computersimulationen zu beraten, die jedwede Atomwaffentests in Zukunft überflüssig machen sollen. Die chinesische Regierung reagierte auf die Forderung, ihre Atomtests nun ebenfalls zu beenden, mit dem französich klingenden Hinweis, daß es „eine streng begrenzte Anzahl von Atomtests“ durchführen werde, bis ein internationales Teststoppabkommen unterzeichnet worden sei.

Bundeskanzler Helmut Kohl begrüßte Chiracs Entscheidung. Der französische Präsident habe hat damit Wort gehalten und „die Testserie zum frühestmöglichen Zeitpunkt abgeschlossen“.

In Washington sagte Regierungssprecher Mike McCurry, die Entscheidung Chiracs bringe neuen Schwung in die Bemühungen, noch in diesem Jahr ein umfassendes Teststoppabkommen zu unterzeichnen. Der neuseeländische Ministerpräsident Jim Bolger sagte, „Frankreich hätte besser niemals die Tests wieder aufgenommen. Gott sei Dank waren sie nun so weise, (die Versuche) zu beenden.“ Der australische Ministerpräsident Paul Keating sagte, es sei völlig unakzeptabel, daß ein großes demokratisches Land wie Frankreich Waffen dieser Art teste, noch dazu zu einer Zeit, in der der Kalte Krieg beendet sei. Keating kündigte eine Schadensersatzklage an, falls es zu nachweisbaren Schäden im Südpazifik gekommen sei.

Der japanische Regierungssprecher Seiroku Kajiyama rief Frankreich auf, niemals wieder gegen den Willen der internationalen Gemeinschaft zu handeln. Der Sprecher der Unabhängigkeitsbewegung von Französisch-Polynesien, Nelson Ortega, forderte Paris zu Aufräumarbeiten in der Pazifikregion auf. „Die Franzosen haben unsere Inseln benutzt und die Gesundheit unseres Volkes mißbraucht.“ Die Testgebiete sollten von unabhängigen Fachleuten auf Schäden hin untersucht werden. Für Greenpeace erklärte der für Abrüstungsfragen zuständige Koordinator, Josh Handler, Frankreich habe endlich dem internationalen Druck nachgegeben, die Tests einzustellen. ten