Das Portrait
: Der Verfolger

■ Erardo Cristoforo Rautenberg

Erardo Cristoforo Rautenberg, neuer Generalstaatsanwalt von Brandenburg Foto: taz-Archiv

Der Mann hat Stil. Fliege, weißes Hemd, Schlips. Auch wenn er keinen Auftritt bei Gericht hat, ist Erardo Cristoforo Rautenberg stets gut gekleidet. Korrekte Haltung, aber überhaupt nicht steif im Gemüt, so sehen ihn die Kollegen bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin. Auf einer Welle der Sympathie tragen sie ihn aus der tiefsten märkischen Provinz ins neue Amt nach Potsdam. Am 1. März wird Rautenberg Generalstaatsanwalt von Brandenburg werden, acht Tage vor seinem 44. Geburtstag.

Der Mann kam über Argentinien nach Brandenburg. In der Pampa aufgewachsen, begann er seine Karriere, knapp dreißigjährig, bei der Staatsanwaltschaft Lübeck, Stationen bei der Bundesanwaltschaft folgten. Ende 1993 wurde er in den Osten der Republik abgeordnet.

Rautenberg baute die „Schwerpunktabteilung zur Verfolgung der Unrechtstaten in der Zeit des SED- Regimes“ auf. Den Unrechtsstaat zur Zufriedenheit seiner Opfer aufzuarbeiten, hält er für eine Utopie von Politikern, die Wahlen gewinnen wollen. Der Katalog der zu verfolgenden Straftaten schrumpft für ihn zusammen auf Tötungsdelikte, Körperverletzungen im Amt, Rechtsbeugung und Freiheitsberaubungen. Mehr nicht. Die Anklage führt er um so konsequenter. Von Prozessen wie dem um das SED-Politbüro hält er nichts, sie trügen „Züge von Siegerjustiz“. Mittlerweile orientiert sich schon der Bundesgerichtshof in Grundsatzentscheidungen an Rautenbergs Vorgaben.

Ein Kopfjäger ist er eigentlich nicht. Das verbietet die distinguierte Haltung. Aber ein bißchen gerät die Contenance doch ins Wackeln. Wenn es um Neonazis, rechte Glatzen und brutale Gewalt geht, zeigt Erardo Rautenberg, daß in dem abwägenden Staatsanwalt auch ein gefürchteter Verfolger steckt. Nach mehreren brutalen Überfällen auf Menschen und dem Brand in der Gedenkstätte Sachsenhausen gründete er kurzerhand eine Abteilung für „Straftaten von Angehörigen gewalttätiger, rechtsextremistischer Gruppierungen“. Taucht irgendwo ein Hinweis auf, Jugendliche könnten als Täter oder Mittäter in Betracht kommen, übernimmt diese zentral die Ermittlungen. Herausgekommen ist dabei eine Datei mutmaßlicher Gewalttäter. Rautenberg hat die rechte Szene kartographiert. Juristische Gewissensbisse plagen das aktive amnesty- international-Mitglied keineswegs. Annette Rogalla