Sanssouci
: Nachschlag

■ Ergonomisch durchs All: Raumfahrtexperten in der Brotfabrik

Dr. Spock, hier noch im spartanischen Ambiente Foto: UIP

„Zurück zum Mond“, gab Dr. Uwe Appel von der Uni Bremen das Motto aus. Zurück zu den Pioniertagen des ersten Mondspaziergangs also, weg von den Star-Wars-Visionen derKalter-Kriegs-Strategen. Die neue Forschung, so demonstrierte es der Raumfahrttechiker mittels Zeigestock auf der digital gespeisten Videoscreen, ist wieder ganz homozentrisch. Bizarre „Abfallprodukte“ wie Hotels im Orbit und private Shuttle-Trips für schlappe 50.000 Dollar sollen abfallen. Die Raumfahrt, dein bester Freund. Mit dem Stadium des ersten Transatlantikflugs verglich Appel denn auch den Stand der Kosmonautik heute. Manches Probemodul, etliche Schutzparameter gegen Strahlung, Gravitationsverlust und kosmische Langeweile werden da noch anfallen und den „global graveyard“ füllen. Das Fortschrittsdogma scheint ungetrübt. „Langzeitmissionen“ im „Ein- Zimmer-Mondklo“, Fusionsexperimente mit lunarem Helium im Spacelab, so lauten die Stichworte. Die russische Allstation MIR, Senior unter den Raumkörpern und als „veralteter Kabelverhau“ betitelt, ist Vergangenheit, so Appel; dem designgerechten Raumflug gehöre die Zukunft.

Steffen Härtel vom Kasseler Gestaltungsbüro „Freiraum“ war der zweite Referent bei der Veranstaltung in der Brotfabrik. Thema des Abends in der Reihe „Stadtgestalten“: „Alpha meets Enterprise – Raumstationen als Designaufgabe“. Doch der Titel griff ein paar Milchstraßen zu weit. Trekkie-Fan Härtel und Raumfahrttechniker Appel kreisten auf weit entfernten Umlaufbahnen. Härtel untersuchte die designerischen Metamorphosen der 1964 von Gene Roddenberry konzipierten Kultserien und -filme Enterprise, Deep Space 9, Next Generation und Voyager. Wie wurde aus dem spartanischen Ambiente das ergonomisch geformte Innere der neuesten Sternen-Staffel? Wußten Sie, daß der Commander auf Stühlen von Eileen Gray, dem Sechziger- Jahre-Leichtbausofa „Throw away“ oder Mies van der Rohes Liege abhing? Roddenberrys Sience-fiction-Serie habe Züge sozialer Utopien, sei Spiegel gesellschaftlicher, nicht technischer Innovation, lautete das Resümee. Weltraumtourismus hin oder her, die Gegenwart gehört Couch und Kinosessel. Gudrun Holz