Sonne im Herzen

■ Seniorenarbeit Martinsclub: Angst vor dem Aus gestrichen?

„Gottfried ist mein bester Freund, was soll ich ohne ihn tun!“ Karl, 70jähriger Behinderter war aufgestanden und mußte seiner Seele Luft machen. Die gestrige Pressekonferenz anläßlich der drohenden Streichung der Gelder für die Seniorenarbeit Martinsclub Bremen e.V. fing dramatisch an. Gottfried Rosensprung, Sozialpädagoge und Betreuer der behinderten alten Menschen, hatte eine weiße Kerze angezündet mit den Worten: „Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe uns ein Licht angemacht“.

Den behinderten Senioren, und ihren Angehörigen jedenfalls ist schon ein Licht aufgegangen: Eine Angehörige hat versucht, ihrer Schwägerin zu erklären, daß es ab jetzt zum Beispiel kein Schwimmen mehr geben wird. Nach einer Stunde sah sie die behinderte ältere Frau allein mit ihrem Teddybären reden. Ihm hat sie ihre ganze Enttäuschung erzählt.

Andere gehen mehr aus sich heraus, wie Herr M.: „Die Diäten können sich die Politiker erhöhen, aber für die Behinderten ist kein Geld mehr da!“ Großer Applaus der mehr als fünfzig anwesenden behinderten Alten und ihrer Angehörigen. Schilder hatten sie gemalt: „Wir möchten, daß Herr Rosensprung seinen Arbeitsplatz nicht verliert!“ Aber auch Tränen sind geflossen gestern in der Bethlehem-Gemeinde.

Die 75.000 Mark Projektmittel für die Arbeit des Martinsclubs reicht schon nicht. „Den Rest kratzen wir uns aus Spendenmitteln zusammen“, so Thomas Bretschneider, Leiter der Einrichtung. Der Bedarf für ein solches Angebot steigt ständig, da Menschen mit geistiger Behinderung erst jetzt, 50 Jahre nach dem Ende des Hitler-Regimes alt werden können.

Das breitgefächertes Spektrum wird für die behinderten Alten, die keine Tagesstrukturierung durch Arbeit oder Werkstatt mehr haben, seit 1991 angeboten: Von Musik und kreativem Gestalten bis zu Spiel und Sport. Anfangs finanzierte der Martinsclub e.V. seine Arbeit über eine ABM-Stelle und erst seit 1993 über Projektmittel. „Ich hab meinen eigenen Stil“, sagt Herr Rosensprung. Beispielsweise geht er auch mit einer ältern Dame schwarze Netzstrümpfe einkaufen. „Es reicht nicht, wenn man der Frau nur die Strümpfe mitbringt, es geht um die Atmosphäre“. Der Sozialarbeiter redet die alten Menschen grundsätzlich mit „Sie“ an. „Ich hab die Sonne im Herzen und geb die Strahlen an Menschen auf der Schattenseite des Lebens weiter!“

Maren Cronsnest