Mit Tempo 200 am Wohnzimmer vorbei

■ Auf sechzehn Wegen in die Stadt: Transrapid soll mit 200 Stundenkilometern bis ins Zentrum fahren

Die Magnetbahn, die ab dem Jahr 2005 in weniger als 60 Minuten zwischen Berlin und Hamburg pendelt, wird mit Tempo 200 durch das Stadtgebiet rasen. Für Lärm und Erschütterung werden dabei „alle Grenzwerte“ eingehalten, beruhigte gestern Horst Fechner, einer der beiden Geschäftsführer der Magnetschnellbahn Planungs- GmbH. Auch weiterhin bleibt unklar, auf welchem Weg der Transrapid das Stadtzentrum erreicht. Klar ist aber, daß der schwebende Personentransporter ebenerdig oder auf Stelzen und nicht im Tunnel durch die Stadt saust. Zwischen Häuserfronten und Magnetschiene würden fünf Meter Abstand ausreichen, meinte Fechner.

Ab Frühjahr kommenden Jahres werden mit einem sogenannten Raumordnungsverfahren der optimale Weg durch das Berliner Häusermeer sowie die Endstation für den Transrapid gesucht. Die Planungsgesellschaft, die gestern nach Schwerin und Hamburg ihr drittes Büro im Verwaltungsgebäude der Siemens-AG am Nonnendamm in Spandau eröffnete, hat 16 Varianten vorgeschlagen (siehe Graphik). Die Magnetbahn wird die Stadtgrenze entweder im Norden oder im Westen überschreiten. Der Transrapid soll aber möglichst in Spandau halten.

Eventuell wird die Bahn ohne Räder entgegen allen Absichten nicht zum geplanten Lehrter Zentralbahnhof, sondern statt dessen zur Papestraße fahren. Bei den Planungen des Lehrter Bahnhofs, in dem sich ab dem Jahr 2002 Eisenbahnen aus allen Himmelsrichtungen treffen werden, sei der Transrapid bislang nicht berücksichtigt worden, sagte Planungschef Fechner. Sollte später die Magnetbahn deshalb nicht in die Bahnhofshalle hineingleiten können, müßte sie auf dem parallel gelegenen Hamburger Bahnhof halten. Die Fahrgäste ließen sich auf 150 Meter langen Laufbändern zu den ICE befördern.

In Hamburg endet die Fahrt mit dem Transrapid am Hauptbahnhof. Noch überlegt die GmbH, ob der von Thyssen entwickelte Personentransporter auch an der hanseatischen Stadtgrenze hält. Auf dem Weg nach Berlin wird der Superschweber auf Tempo 400 beschleunigen und soll zwischendurch in Schwerin stoppen. Ein Ticket werde nicht teurer als die Bahnkarte Berlin–Hamburg sein, meinte Fechner. Voraussetzung ist allerdings, daß jährlich 14 Millionen Passagiere die schwebende Fortbewegung anderen Verkehrsmitteln vorziehen. Nach pessimistischen Prognosen müßten nämlich nahezu alle Autofahrer sowie Bahn- und Flugreisende zwischen Berlin und Hamburg in den Transrapid einsteigen.

In dem gestern eröffneten Büro arbeiten die Hälfte aller 20 bis 30 Mitarbeiter der Planungs-GmbH. Der Bund zahlt für den Bau der Strecke 5,6 Milliarden Mark, die Privatindustrie finanziert die 3,3 Milliarden Mark teuren Wagen. Die Baukosten sind entgegen der gestrigen Meldung bislang nicht gestiegen.

Brandenburgs Verkehrsminister Hartmut Meyer (SPD) forderte bei der Büroeröffnung eine Transrapid-Haltestelle für sein Bundesland. Der Zug, der in Spitzenzeiten alle zehn Minuten fahren soll, brauche in Brandenburg nicht jedesmal zu halten. Magnetbahn-Chef Fechner lehnte diesen Vorschlag ab. Für eine Station in Brandenburg gebe es nicht ausreichend viele Fahrgäste. Dirk Wildt