Ägyptens Medien werden geknebelt

■ Ohne öffentliche Debatte hat das Parlament in Kairo ein neues Pressegesetz verabschiedet / Proteststreik der Zeitungen

Kairo (taz) – In den kommenden Tagen werden die ägyptischen Zeitungshändler nur mit Mühe ihre Auslageflächen auf den Bürgersteigen und Straßen der Städte füllen. Sämtliche wichtigen Oppositionszeitungen haben ihr Erscheinen bis Mitte nächster Woche eingestellt.

Anlaß für den Streik der Oppositionsblätter ist ein neues Pressegesetz. Bisher wird Ägypten nachgesagt, das arabische Land mit der liberalsten Presse zu sein. Geht es aber nach dem Willen des Parlaments, in dem die regierende Partei von Präsident Hosni Mubarak die absolute Mehrheit besitzt, ist damit jetzt Schluß.

In einer Art kleinem Coup und ohne jegliche öffentliche Diskussion verabschiedete das Parlament Anfang dieser Woche ein neues Gesetz, laut dem das Veröffentlichen von Fehlinformationen und die Verleumdung offizieller Personen unter schärfere Strafe gestellt wird. Der Clou dieser neuen Gesetzgebung sind seine vagen Formulierungen, die jegliche Auslegung möglich machen.

Das neue Gesetz sei notwendig geworden, heißt es in der Präambel, um die Störung des öffentlichen Friedens zu verhindern. Außerdem dürften staatliche Institutionen nicht mißachtet und das nationale Interesse nicht verletzt werden. Wer in Zukunft falsche Informationen veröffentlicht, die „beabsichtigen, die nationale Wirtschaft oder das nationale Interesse zu schädigen“, der muß mit mindestens fünf Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von bis zu 10.000 Mark rechnen. Ein alter Artikel, der Journalisten bisher das Recht zugestand, bei Verleumdungsklagen auf freiem Fuß zu bleiben, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind, wurde ersatzlos gestrichen.

„Wenn ich Zeitung lese, finde ich nichts anderes als Berichte über verrottetes Fleisch oder verschmutztes Wasser. Das sind die schwarzen Pilze, die den Ruf Ägyptens schädigen“, verteidigte der Vizesprecher des Parlaments Ahmad Hamadi das neue Gesetz.

Die Oppositionsparteien von Linken bis Islamisten reagierten auf die neuen Pressegesetze mit Entsetzen. In einer gemeinsamen Erkärung verurteilten sie das neue Gesetz als „einen offenkundigen Angriff auf die Pressefreiheit und eine ernsthafte Verletzung der Demokratie“. Die Regierung versuche durch die Novellierung des Gesetzes „den Zugriff der Öffentlichkeit zu Informationen noch mehr einzuschränken“, heißt es in der Erklärung. Die ägyptische Menschenrechtsorganisation (EOHR) fürchtet in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung, daß die vagen Formulierungen des Gesetzes in Zukunft zur Unterdrückung anderer Meinungen als die der Regierung genutzt werden könnten. Die Regierung hatte in der Praxis ohnehin bereits die gesetzlichen Absicherungen für Journalisten mißachtet. Vor allem islamistische Journalisten wurden verhaftet und zum Teil ohne Verurteilung für mehrere Wochen einbehalten. Hintergrund der neuen Gesetzgebung sind die sich häufenden Korruptionsvorwürfe in der Oppositionspresse gegenüber hohen Mitgliedern der ägyptischen Regierung. Seit einigen Wochen machen die nichtstaatlichen Medien auch nicht vor einem alten Tabuthema halt – der Familie des Präsidenten. In mehreren Oppositionszeitungen erschienen Berichte über die lukrativen Geschäfte des Präsidentensohnes Ala Mubarak. Karim El-Gawhary