Wo liegt die Zukunft des Buko?

Beim 19. Bundeskongreß Entwicklungspolitischer Aktionsgruppen fehlt das große Thema / Es will niemand mehr bundesweit koordinieren  ■ Aus Wuppertal Simone Klein

Im Treppenhaus des Wuppertaler Kulturzentrums „Die Börse“ kündet eine Ausstellung noch von den Glanzzeiten des Bundeskongresses Entwicklungspolitischer Aktionsgruppen, kurz Buko. Den Höhepunkt des Buko habe 1988 die Kampagne gegen IWF und Weltbank dargestellt, die beim Weltbankgipfel in Berlin für weltweites Aufsehen sorgte. An diesem Erfolg sei er seitdem immer gemessen worden, meint Paul Sandner vom Arbeitskreis Entwicklungspolitik, einer der langgedienten Buko-Streiter.

Doch seither, vor allem seit dem Fall der Mauer und den Veränderungen in Osteuropa, hat eine Art Orientierungslosigkeit den Buko geprägt. Es gibt zwar immer noch die in Bielefeld ansässige Pharma- Kampagne, die Kampagne „Stoppt den Rüstungsexport!“ und seit einigen Jahren einen Arbeitsschwerpunkt Rassismus. Doch die Suche nach einem gemeinsamen Thema, das zugleich eine zukunftsweisende Perspektive darstellt, wie es die Kampagne gegen die von Weltbank und IWF dominierten Weltfinanzstrukturen gewesen ist, gestaltet sich schwierig. Das ist auch auf dem 19. Buko, der am Wochenende in Wuppertal stattfand, deutlich geworden.

Rund 200 entwicklungspolitische Gruppe sind im Buko zusammengeschlossen, zum diesjährigen Treffen waren aber nur 150 Vertreter von 30 Gruppen angereist. Den Koordinierungsausschuß (KA), einst zentrales Organ des Buko, wird es in Zukunft sogar überhaupt nicht mehr geben. Es haben sich schlicht keine Kandidaten gefunden, die die aufreibende Koordinierungsarbeit machen wollten. Schon in den vergangenen Jahren war kaum mehr jemand bereit gewesen, sich in diesem Gremium zu engagieren, das einst gegründet worden war, um Einzelgruppen und -interessen in Einklang zu bringen.

Wird die notwendigste Koordinierungsarbeit künftig von einzelnen Gruppen erledigt, so hat sich die Energie etlicher Dritte-Welt- Gruppen offenbar von dem bundesweiten Buko in regionale Netzwerke verlagert.

Für diejenigen, die dennoch nach Wuppertal gekommen waren, hat der Buko aber auch seine Stärken bewahrt. Es gehe darum, mal aus einer kritischen Distanz die eigene Arbeit in der Dritte- Welt-Gruppe anzusehen und das Grundsätzliche wieder in den Blick zu bekommen, meinte eine Teilnehmerin.

Doch bei der Mehrheit schienen auch in Wuppertal die Zweifel an der eigenen politischen Bedeutung zu überwiegen. Buko-Pressesprecherin Claudia Bernhard brachte das Problem auf den Punkt: „Wie können wir uns organisieren, ohne daß wir uns in einer Nische isolieren?“ Immer wieder fiel auch der Begriff von der „Nabelschau“, dem Blick auf die eigenen Probleme, wo eigentlich Perspektiven für die Dritte-Welt-Arbeit gefordert wären.

Bezeichnenderweise waren auf dem aktuellen Buko, anders als zu früheren, keine Gesprächspartner aus der Dritten Welt eingeladen. Ein Afrikaner, gar nicht Mitglied in einer Buko-Gruppe, war aus eigenem Interesse aus Berlin angereist, um an der Diskussion über Modelle nachhaltiger Entwicklung für die Dritte Welt teilzunehmen. Enttäuscht äußerte er, daß die anderen Anwesenden sich vorab nicht einmal mit den Ansätzen, die aus Afrika kämen, auseinandergesetzt hätten.

Ein kleines bißchen Zukunft schien in der Diskusssion über das Konzept der nachhaltigen Entwicklung auf. Wie weit der Ansatz für entwicklungspolitische Gruppen tragbar ist, darüber hatten sich die Organisatoren schon im Konferenzreader Gedanken gemacht. Gerade die Konzepte nichtstaatlicher Organisationen wie das des Wuppertal-Instituts zu diesem Thema sollen in Zukunft der Kritik unterzogen werden.

Eine umweltgerechte Entwicklung, die vor allem den Ressourcenverbrauch einschränken will, sei ein Konzept, das den Handlungsbedarf wiederum vor allem im Süden sieht und ungerechte wirtschaftliche und politische Strukturen einfach fortschreibe, befürchten die Buko-Gruppen. „Nachhaltigkeit“, so lautet nach dem Willen von Bernhard, Sandner und anderen denn auch das Schwerpunktthema des nächsten Buko. „Es geht um die Frage, ob wir mit solchen Konzepten nicht auch unsere Herrschaftsstrukturen reproduzieren“, sagt Claudia Bernhard.

Eigene Konzepte oder Alternativen des Buko gibt es zu dem Thema derzeit noch nicht. Diejenigen, die Entwicklungspolitik eher pragmatisch und realpolitisch sehen, sind größtenteils bereits abgewandert zu Lobbygruppen wie Germanwatch. Die Verbliebenen versuchen, so Claudia Bernhard, „irgendwo noch Widerstand zu formulieren und neue Perspektiven zu finden“.