„Verhandlungen der ganz besonderen Art“

■ Will Johannes Rau oder will er nicht / Bündnisgrüne wollen endlich Klarheit

Bonn (taz) – Die Parteispitze von Bündnis 90/Die Grünen hat die Weigerung von Johannes Rau kritisiert, über seine eigene Beteiligung an einer rot-grünen Regierung in Nordhein-Westfalen Klarheit zu schaffen. Vorstandssprecherin Krista Sager sprach in Bonn von „Verhandlungen der besonderen Art“ und nannte es ungewöhnlich, daß der SPD-Verhandlungsführer sich offenhalte, ob er die Ergebnisse der Gespräche auch als Regierungschef verantworten wolle. Trotz erfreulicher Signale aus der SPD zugunsten rot- grüner Koalitionen in Düsseldorf und Bonn sei ihre „Besorgnis in letzter Zeit deutlich gestiegen“, sagte Sager.

Die Grünen waren laut Sager davon ausgegangen, daß Rau sich eine Woche nach der Wahl entscheiden werde. Die Taktik der SPD wertete sie als Versuch, Druck auf die Grünen auszuüben und ihnen einseitig die Verantwortung für das Zustandekommen der Koalition aufzuladen. „Die Linken [aus der SPD, d. Red.] rufen einen nachts an und sagen: Ihr müßt dafür sorgen, daß der Mann am Verhandlungstisch bleibt“, erklärte Sager.

Vorstandssprecher Jürgen Trittin warnte die SPD ebenfalls vor dem Versuch, ohne eigene Zugeständnisse eine Koalition zu schmieden. „Es muß keiner glauben, das Modell Rot-Grün sei für Bonn mehrheitstauglich, wenn die Grünen vorher ihre Identität aufgeben“, sagte er. Trittin warnte beide Partner vor „Kraftmeiereien“, die die „ganzen schwierigen Verhandlungen“ nur belasten würden.

Auch eine Düsseldorfer Koalition ohne Johannes Rau taugt nach Meinung der Bonner Grünen als Modell für Bonn. Gleichzeitig machte Trittin deutlich, daß Rau grüner Wunschpartner bleibt: „Der Repräsentant, der in der SPD das höchste Maß an Integration zustande bringen könnte, ist für uns der am meisten geeignete Koalitionspartner.“

Um die Beseitigung eines Mißverständnisses, das ihr in der Partei viel Ärger eingetragen hatte, bemühte sich Krista Sager. In einer Agenturmeldung war ihr die Anregung zugeschrieben worden, die Entscheidung um das umstrittene Braunkohleprojekt Garzweiler II in den Koalitionsverhandlungen zu vertagen – ein Vorschlag, den die Sprecherin nie gemacht hatte. Im Gegenteil: Sager forderte den Verzicht auf das Projekt und ein Nachgeben der SPD.

Ein Scheitern der Verhandlungen von Düsseldorf würde nach Meinung der grünen Parteispitze den angestrebten Machtwechsel in Bonn nicht unmöglich machen. Mehr Angst haben Sprecher und Sprecherin vor einer Düsseldorfer Koalition, die auf halbem Wege scheitert. Sager: „Das wäre ziemlich doof.“ Hans Monath