Easy Riding – Easy Riding – Easy Riding

■ Impressionen einer Motorradreise – unterwegs nach Wales zur WIMA-Ralley

Eigentlich ist der Juli fürs Motorradfahren viel zu heiß. Vor allem dann, wenn frau ganz sicherheitsbewußt Motorradstiefel, Lederkombi, Nierengurt, Helm und Handschuhe trägt.

Auch Ute, die mich ab Wiesbaden begleitet, ist trotz der 30 Grad im Schatten ähnlich gepanzert. Auf ihrer schweren Maschine, einer Yamaha V-Max, hat sie, gut verschnürt, die Campingausrüstung und leichte Sommerklamotten gepackt. Mich nur auf das Notwendigste zu beschränken, war noch nie meine Stärke. Doch seit ich die Moto-Guzzi mit Beiwagen fahre, brauche ich darüber nicht mehr nachzudenken. Im „Boot“ haben ein Tisch, drei Campingstühle, Gitarre und jede Menge Bordwerkzeug und natürlich meine Überlebensration an Nudeln ihren Platz gefunden.

Wir wollen für eine Woche nach England zur WIMA-Ralley nach Wales, dem jährlichen Frauenmotorradtreffen der „Womens International Motorcycle Association“. Im vergangenen Jahr war ich in Österreich zum erstenmal dabei. Meine Begeisterung hat Ute angesteckt. Ihre „Maximiliane“, die V-Max, hat sie erst drei Monate. Obwohl die Maschine mit 1.200 Kubikzentimetern und satten 136 PS fast 250 Stundenkilometer Spitzengeschwindigkeit bringt (frau gönnt sich ja sonst nix) will sie die lange Reise im Schlepptau meiner lahmen „La Guzzina“ fahren. Mein drittes Rad ist im Stau schon sehr lästig. Auch beim Überholen und Beschleunigen muß ich die 360 Kilo erst mal in Schwung bringen. Ganz zu schweigen von einem total anderen Kurvenfahren. Nix Schräglage – Turnübungen sind angesagt. Ganz schön anstrengend ohne die Unterstützung eines Schmierenmaxen. Drei Tage haben wir für die Anreise geplant. Gemächlich blubbern wir bei 3.000 Touren so vor uns hin.

Auf gemütlichen kleinen Straßen kommen wir am ersten Tag bis nach Belgien. Die Quartiersuche beansprucht dann doch etwas Zeit. Das Grand Hotel ist uns zu edel, der Gasthof in der Innenstadt hat keinen Parkplatz für unsere geliebten Motorräder. Schließlich finden wir ein schnuckeliges, kleines Hotel. Ich verhandele im besten Schulfranzösisch wegen eines Doppelzimmers und einer Garage für eine Nacht. Meine sehr kurze, sehr praktische, aber reichlich verschwitzte Urlaubsfrisur kann nicht verhindern, daß mich der Manager als weibliches Wesen identifiziert. Eine Mischung aus Mitleid für mich und Anerkennung für meinen vollgepackten italienischen Edelschrott stimmen ihn willig, uns in seiner Herberge aufzunehmen. Als dann aber der Mensch vom zweiten Motorrad nicht ein Mann, sondern eine Frau ist, wird ihm die Sache suspekt und er ordnet uns neu in sein Weltbild ein.

Am nächsten Morgen zelebriere ich nach dem Frühstück an meiner Guzzi eine Schrauberinnenstunde. Es ist zwar nur der übliche lästige Wackelkontakt am Blinkrelais, aber da ich mein erlesenes Werkzeugsortiment nun schon dabei habe, lege ich es zur gebührenden Bewunderung auch sichtbar aus. Imagepflege! Ich darf mir danach im Hotel noch die Hände waschen.

Ohne Zwischenfälle – abgesehen vom Blinker, der immer noch nicht richtig funktioniert – erreichen wir die Kanalfähre, die uns auf die Insel rüberbringt, wo wir ein vorbestelltes Bed and Breakfast für drei Frauen und drei Motorräder beziehen. Gabi war mit ihrer Yamaha TDM 850 planmäßig am Kai zu uns gestoßen. Keinerlei Anmache an diesem Abend, gar nichts – ganz gentleman like. So als wären drei motorradfahrende alleinreisende Frauen schon immer das Natürlichste der Welt. Ich liebe die Briten. Der nächste Treffpunkt ist die Canterbury Cathedral. Drei Frauen aus dem Stuttgarter Raum schließen sich uns an. Mary paßt es gut, daß ich eine ihrer Gepäckrollen auf meinen Lastesel aufpacke. Ihre Honda VT 600 Shadow, ein Chopper, zeigte ob all des Gepäcks doch eine gewisse Leistungsverweigerung. Heike und Gerti mit zwei Yamahas komplettieren die Gruppe, der ich als Leithammel und immer schön links fahrend den Weg über Südenglands Autobahnen nach Wales weisen darf. Mit sechs Motorrädern ist Gruppenfahren schon richtig diffizil. Tankstopps und Zigarettenpausen müssen logistisch und zu aller Zufriedenheit getimt werden. Verfahren darf frau sich vorne möglichst auch nicht. Der plötzliche Hagelschauer erwischt uns aber voll. Am Autobahnrand, keine Brücke weit und breit, winden wir uns in die Regenklamotten. Großes Hallo bei der Ankunft. Auf dem Campinggelände verteilen sich 260 Motorradfrauen aus ganz Europa – die Handvoll Männer verschwindet zur „quantité négligeable“. Wir genießen eine Woche lang die gemeinsamen Ausfahrten, das Geschicklichkeitsturnier, abends die Disco oder selbstgemachte Gitarrenmusik und am Abschiedsabend ein Gala- Dinner.