Erstmals äußert sich Burkhart Grob gegenüber der Presse. Er war es, der Amigo Streibl auf seine Fazienda in Brasilien einlud und damit schaffte, wovon die SPD immer träumte: einen bayerischen Ministerpräsidenten zu stürzen Von Klaus Wittmann

Der gute Freund aus Mindelheim

Der Mann ist zäh. Und fit für sein Alter. 69 ist er, und schon zwei Stunden, nachdem er aus der Narkose nach einer Knieoperation erwachte, verließ er die Klinik. Burkhart Grob braucht zwar noch Krücken zum Laufen. Aber er macht ein zufriedenes Gesicht, wenn er in seiner feudalen Residenz am firmeneigenen Flughafen in Mattsies bei Mindelheim Gäste empfängt. Hier oben im zweiten Stock des Verwaltungsgebäudes, direkt neben der Startbahn, thront der in München geborene Flugzeug- und Maschinenbauer inmitten seines Lebenswerkes.

Burkhart Grob ist seit über 40 Jahren Unternehmer. 1954 hat er die kleine Maschinenbaufirma seines Vaters übernommen. Heute beschäftigt er in seinem Mindelheimer Werk, wo er Transferstraßen für die Automobilindustrie fertigt, etwas mehr als 1.600 Leute. Im Flugzeugbau, der ihn bekannt gemacht hat, sind noch einmal rund 260 Menschen beschäftigt, und in den Werken in Brasilien und den USA knapp 750.

Wenn heute in Deutschland fast jeder schon einmal den Namen Burkhart Grob gehört hat, so liegt das freilich nicht an seinen Unternehmen, sondern vielmehr daran, daß er als „Vater aller Amigoaffären“ zu traurigem Ruhm gelangte. 1993 war für ihn ein ganz schlechtes Jahr. Im Januar wurde die Bestechungsaffäre um das Höhenaufklärungssystem Lapas (Luftgestütztes abstandsfähiges Primäraufklärungssystem) bekannt.

Norbert Gilles, Elektronikexperte und hoher Regierungsbeamter auf der Bonner Hardthöhe, hatte sich offensichtlich im Zusammenhang mit Beschaffungsaufträgen schmieren und zu luxuriösen Reisen einladen lassen. Auch von Burkhart Grob und zwar auf dessen brasilianische Fazienda „Duas Irmas“. Und in diesem Januar 1993 wurde noch eine ganze Reihe weiterer Gäste des Unternehmers bekannt: der einstige Luftwaffeninspekteur Eberhard Eimler, der Unterallgäuer Landrat Hermann Haisch und – der damalige bayerische Ministerpräsident Max Streibl, der von Grob mehrmals nach Brasilien und zu anderen Reisen eingeladen wurde.

Die „Amigo-Affäre“ war geboren, sehr zur Freude des Streibl- Nachfolgers Edmund Stoiber. Der weitere Verlauf ist bekannt. So bekannt, wie es heute der Unternehmer Burkhart Grob ist. Zumindest vom Namen her. Denn trotz seiner vielen Freunde ist er ausgesprochen öffentlichkeitsscheu.

Journalisten sind ihm ziemlich suspekt

Burkhart Grob hatte sich zunächst Bedenkzeit erbeten. Dann stimmte er einem Interviewtermin zu. Sekptisch betrachtet er seinen Besucher. Journalisten sind ihm von Haus aus suspekt. Angebote, in Talkshows aufzutreten, hat er stets abgelehnt.

Wie sieht sich der Unternehmer und Amigo Burkhart Grob selbst?

„Es war immer mein Bestreben, mit den Arbeitern zusammenzuarbeiten. Ich habe am Anfang meiner beruflichen Laufbahn selbst an der Drehbank gestanden, ich habe verkauft, mit den Leuten zusammen geplant, ich hab' mit ihnen gefeiert.“ So sei das heute noch. Die Leute mögen ihn, davon ist er überzeugt. Er ist ein Patriarch. In der Krise „hatten wir Aufträge mit irrsinnigen Nachlässen. Aber der Verlust war so, daß unsere Reserven gereicht haben, um drüber weg zu kommen.“ Entlassen mußte er niemanden. Im Maschinenbau gehe es wieder bergauf. Anders im Flugzeugbau. Durch die neuerlichen Turbulenzen um das Höhenforschungsflugzeug Strato 2C muß wohl in Kürze im Werk in Mattsies Kurzarbeit angemeldet werden.

Wie sehen das alles seine Beschäftigten? „Wenn der Alte einmal geht, dann wird es happig“, sagt einer, der schon über 15 Jahre bei ihm arbeitet. Er schätzt Grob, aber seine Darstellungen vom Miteinander relativiert er. So nach und nach seien in der vergangenen Jahren die freiwilligen zusätzlichen Leistungen gekürzt worden, die einen großen Teil des Grobschen Elitedenkens bei der Belegschaft ausgemacht haben.

Worüber Grob gern redet und worüber nicht

Über seine eigenwilligen Aktionen spricht Grob gern — etwa über den Streikurlaub, den er beim jüngsten Metallerstreik gab —, über seine Rolle als „Vater der Amigoaffäre“ jedoch nicht. Damals, davon ist er überzeugt, sei er benutzt worden, um „einerseits ein System (gemeint ist das Lapas-Projekt) zu vernichten und andererseits einen Ministerpräsidenten zu stürzen“. Daß man ihm wegen seiner großzügigen Einladungen vorgeworfen hat, sich kräftig Vorteile durch seine Freunde verschafft zu haben, weist er noch heute zurück. Max Streibl sei doch nichts anderes als ein sehr guter Freund gewesen. Trotz intensiver Suche der Staatsanwaltschaft Bonn und ungezählter Journalisten sei nichts wirklich Belastendes gegen ihn gefunden worden.

Warum aber hat Grob dann diesen Strafbefehl vom 9. 7. 93 von mehr als 40.0000 Mark bezahlt? Grob hatte den Bonner Ermittlern zufolge als Anbieter für die Erstellung eines Trägerflugzeuges den Zeugen Gilles gar nicht so uneigennützig nach Brasilien eingeladen. Der Beamte wurde nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft „vereinbarungsgemäß im Projekt Lapas fördernd für ihre Firma tätig“.

Alles Quatsch in Grobs Augen. „Bei Herrn Gilles wußte ich nicht, was ich hinterher erfahren habe, daß er von sich aus straffällig war. Ich bin doch ein klarer Nebenableger in seinen ihm zur Last gelegten Beschuldigungen. Als ich mit Herrn Gilles Kontakt hatte, war der voll international anerkannt.“ Kein Mensch habe damals gewußt, daß sich Gilles nicht nur von Grob, sondern auch von anderen Unternehmen fürstlich habe einladen lassen.

Aber wieso dann einen Strafbefehl bezahlen?

„Ich habe diese Hetze einfach nicht mehr ausgehalten. Heute, wo ich mich gesundheitlich wieder erholt habe, würde ich vor Gericht gehen und ich würde auch, davon bin ich überzeugt, straffrei ausgehen.“ Immer wieder versichert Grob, auch durch seine Freundschaft zu Max Streibl sei es zu keiner Vorteilnahme gekommen. „Auch damals nicht, wo er noch Finanzminister war.“ Ganz richtig ist das nicht. Mag es juristisch auch nicht anfechtbar sein, so ist es doch erwähnenswert, daß Burkhart Grob in den Jahren 1981, 1985 und 1992 aus Töpfen der Regionalförderung zinsverbilligte Kredite für seine Maschinenbaufirma in Höhe von 28 Millionen Mark erhalten hat, und zwar von der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung. Und dort war damals ein gewisser Max Streibl Aufsichtsratsvorsitzender. Der Pressesprecher der Grünen im bayerischen Landtag hat das auf dem Höhepunkt der Amigo-Affäre auf den Punkt gebracht: „Der Mindelheimer Flugzeugbauer Burkhart Grob war Zuwendungsempfänger des Freistaates Bayern und Max Streibl war als Finanzminister Zuwendungsempfänger Grobs.“

Gute Freunde zu haben, und zwar nicht nur in höchsten Etagen, sondern auch vor Ort, kann nicht schaden. Das hat Burkhart Grob immer schon erkannt. Und es hat sich etwa 1981 bezahlt gemacht. Damals versuchte die Sozialdemokraten im Unterallgäuer Kurort Bad Wörishofen eine Bebauung im Außenbereich zu verhindern, hinter der sie allzu viele Zugeständnisse an Grob witterten – vergeblich. Denn im Landratsamt Unterallgäu und im Stadtrat von Bad Wörishofen sitzen bis heute – welch ein Zufall – gute Freunde des Unternehmers. Und sowohl Landrat Hermann Haisch als auch der CSU-Fraktionschef im Wörishofer Stadtrat, Albert Wanner, waren auch gerngesehene Gäste auf der Fazienda „Duas Irmas“ nahe São Paulo.

Burkhart Grob hält das für selbstverständlich. Gute Kontakte gehören zum Busineß. Und zwischen guten Kontakten und handfester Bestechung ist ein gehöriger Unterschied. Bestechung, versichert Grob, sei für ihn kein Thema. Parteispenden sind es hingegen schon, gehören zur Pflege der politischen Landschaft. Nutznießer ist vor allem die CSU. 105.000 Mark gab es von Grob allein 1990.

Heute wäre er bei Einladungen auf seine Fazienda vorsichtiger. „Hätte ich mir die Einladung Gilles und Streibl erspart, hätte ich mir im Leben viel gespart“, merkt Burkhart Grob vielsagend an. „Ich würde darauf achten, ob die Leute, die ich einlade, irgendwelche Probleme machen könnten.“ Zumindest was seine Fazienda angeht, muß sich der gute Amigo keine Gedanken mehr machen. „Die ist mir gründlich verleidet“, sagt er und fügt beiläufig an: „Ich hab' die meinem Kompagnon unten geschenkt. Ich will sie gar nicht mehr sehen.“ Seither verbringt er seinen Urlaub in Oberbayern. „Da komm' ich her.“