Die Schlafmützen vom Dienst

■ Vollmer (Grüne) und Klose (SPD) verhindern Sondersitzung des Innenausschusses zum BND

Bonn (taz) – Der „schwerwiegendste Geheimdienstskandal“ der Bundesrepublik (Günter Verheugen, SPD) ist seinem Parteifreund Hans-Ulrich Klose keine Sondersitzung des Innenausschusses wert. Den Bündnisgrünen, die die Sitzung wegen der BND-Plutonium-Affäre beim amtierenden Bundestagspräsidenten Klose beantragt hatten, erklärte Klose gestern in einem Brief, er sehe „keine Notwendigkeit“ dafür. Rezzo Schlauch, innenpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, fordert nun einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß.

Doch Klose hätte sich mit der Entscheidung gar nicht befassen müssen: Die erste, die den Wunsch der Grünen-Fraktion abgebügelt hatte, war eine Parteifreundin, Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer. Vollmer, die die Präsidentin Rita Süssmuth bis einschließlich Ostersamstag vertreten durfte, hatte die ParteifreundInnen nach taz-Informationen schon letzte Woche abgewiesen, nachdem ihr die Bundestagsverwaltung bedeutet hatte, daß es Sondersitzungen von Ausschüssen ohne die Einwilligung aller Fraktionen noch nie gegeben habe.

In der Grünen-Fraktion wird nun darauf hingewiesen, daß die Tradition eine Sache, die Geschäftsordnung des Bundestags eine andere sei: Dort steht, daß Ausschußsitzungen einberufen werden müssen, wenn eine „Fraktion im Ausschuß“, und zwar vollständig, dies verlangt. Zu Sondersitzungen ist zusätzlich das Ja der Präsidentin oder ihrer StellvertreterInnen nötig. Aus der Fraktion wird über die eigene Frau an der Bundestagsspitze gemosert: „Antje hätte nichts weiter tun müssen, als sich über diese Tradition des Konsenses hinwegzusetzen. Sie hätte nichts zu befürchten gehabt.“ Daß Konsens zwischen den Fraktionen nicht möglich ist, sei doch klar: „Die CDU hat ihren Geheimdienstkoordinator Schmidbauer, die SPD muß Rücksicht auf ihre Leute nehmen, den BND-Präsidenten Konrad Porzner und Willfried Penner, der Vorsitzender der Parlamentarischen Kontrollkommission war, als der Plutonium-Deal lief. Von uns ist da keiner befangen.“

Die BND-Plutonium-Affäre soll nun, so Klose in seinem Brief an den parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen, Werner Schulz, am 27. April besprochen werden. Die anderen Fraktionen, so Klose, hätten ihn „auf Rückfrage wissen lassen, daß sie die Tagesordnung der ohnehin vorgesehenen Sitzung so gestalten werden, daß eine ausführliche Beratung dieser Angelegenheit ermöglicht wird“. Diese Neugestaltung wird nun auf Kosten eines anderen großen Themas gehen: Am 27. April ist im Innenausschuß als Schwerpunktthema „Wiedergutmachung für NS- Opfer“ vorgesehen.

Eine Sondersitzung wird es nun nur für die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) geben, jenen Bundestagsausschuß, der seit seiner Gründung 1978 den deutschen Geheimdienstleuten auf die Finger sehen soll. Bei dem außerplanmäßigen Termin werden die Abgeordneten morgen BND-Chef Porzner und Kanzleramtsminister Schmidbauer hören. Die SPD hat nach Aussage ihres PKK- Mitglieds Norbert Gansel einen Katalog von mehr als dreißig Fragen für die Sitzung vorbereitet. Andrea Dernbach