Atomschmuggel im Dienste des Vaterlandes

■ BND-V-Männer als Vermittler und Käufer von russischem Plutonium

Bonn (rtr/dpa) – Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat den Plutoniumschmuggel selbst inszeniert, den er letzten Sommer in München mit großem Tamtam auffliegen ließ. Der Spiegel legt in seiner heutigen Ausgabe Telefonprotokolle und interne Dokumente des BND als Beweise vor. Ein spanischer V-Mann des BND habe damals in Madrider Untergrundkreisen einen deutschen Komplizen als Käufer für Waffenplutonium aus Moskau auftreten lassen.

Der Komplize bei einem Treffen in München war jedoch ein verdeckter Ermittler des Bayerischen Landeskriminalamts (LKA). Er nahm eine Probe waffenfähigen Plutoniums-239 entgegen. Als Anreiz präsentierte er den Schmugglern eine Bankbürgschaft der Bayerischen Hypo- Bank über 276 Millionen Mark. Zwei Wochen später, am 10. August 1994, wurden dann auf dem Münchner Flughafen in einer spektakulären Aktion 363 Gramm hochangereichertes Plutonium beschlagnahmt und drei Schmuggler verhaftet – „Ergebnis systematischer Planung“, jubelte der BND damals. Gestern meinte die Behörde dazu, sie habe „zu keinem Zeitpunkt den Schmuggel radioaktiven Materials als Behörde oder durch einen Mitarbeiter initiiert“.

Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa erklärte ein anonymer Teilnehmer der Aktion: „Der Spiegel-Bericht ist ein böses Bubenstück und absoluter Schwachsinn.“ Der BND sei in „bestehende Kanäle“ eingedrungen, habe also auf keinen Fall etwas initiiert oder „irgendwie geschwindelt“. Geheimdienstkoordinator und Staatsminister im Bundeskanzleramt Bernd Schmidbauer sprach von einer „erfolgreichen Präventivoperation, die die Dinge beleuchtet und die Konsequenzen aufzeigt“.

Nach Angaben des Spiegel wußte selbst BND-Chef Konrad Porzner nichts über die „Operation Hades“ seines eigenen Referats 11a. Dieses Referat wurde erst nach der Wende gegründet und sollte sich um Geldwäsche und Drogenhandel kümmern.

„Wenn der Bericht richtig ist, hat Deutschland seinen bisher schwerwiegendsten Geheimdienstskandal“, sagte SPD-Bundesgeschäftsführer Günter Verheugen. „Die SPD wird alle parlamentarischen Möglichkeiten zur Aufklärung ausschöpfen.“ Rezzo Schlauch, der Rechtsexperte des Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, forderte Schmidbauer zum Rücktritt auf: „Dabei spielt es keine Rolle, ob der Geheimdienstkoordinator etwas von der Aktion gewußt hat oder nicht.“