Die Motoren sind leiser als ein Ventilator

■ Die erste Berliner Solarboot-Tankstelle in Köpenick feierte Richtfest / Elektrische „Tankfüllung“ reicht acht Stunden / Sechs Tankstellen bis zum Jahr 2000

Die Sonne hatte es gut gemeint mit ihren Anhängern. Beim Richtfest des Köpenicker Solarbootvereins auf dem Langen See strahlte sie Ende voriger Woche trotz der insgesamt miesen Wetterlage stark genug, um die kleinen gelben Solarboote im Schrittempo anzutreiben.

Mit acht solchen Booten wollen die BetreiberInnen am Seebad Wendenschloß zeigen, daß es möglich ist, Freizeitaktivitäten im Einklang mit der Natur zu gestalten. Die einzige Energiequelle der Boote sind in Akkumulatoren gespeicherte Sonnenenergie und ein paar Solarzellen. „Im Zeitalter der Verknappung der Naturressourcen und des steigenden Umweltbewußseins bietet die Nutzung der Solarenergie die Chance, Lebensbedürfnisse von Mensch und Natur wieder zu harmonisieren“, erklärt Manfred Hytry, Leiter des Köpenicker Solarbootprojekts. „Die Motoren sind leiser als ein Ventilator“, sagt Hytry stolz. Auf der Ausstellung verblüffte er interessierte Zuschauer damit, den Motor auf vollen Touren laufen zu lassen, ohne daß diese etwas davon merkten.

Da die auf den Booten angebrachten Fotozellen zum Betrieb nicht ausreichen, gehört zu der Anlage auch ein Solarpavillon mit dachintegriertem Solargenerator, das als Bootssteg fungiert. Das pyramidenförmige Dach voller Photozellen soll im Sommer Sonnenenergie einfangen und tagsüber an das öffentliche Stromnetz abgeben. In der Nacht werden dafür die Akkus der Solarboote mit dem Strom vom Netz geladen. Selbst bei schlechtem Wetter kann eine elektrische „Tankfüllung“ bis zu acht Stunden ausreichen. Im Jahresmittel soll sich die dem Netz zugeführte und entnommene Energie wieder ausgleichen.

Das von der Senatsverwaltung für Stadt und Umwelt unterstützten Solar-Projekt eröffnete in den Vereinsräumen am Langen See auch eine ständige Ausstellung zu den Themen „Regenerative Energien“, „Photovoltaik“ und „Solarboote“. Mit der Ausstellung will man sich speziell an Schüler während ihrer Projektwochen wenden und ihnen auf einfache Art und Weise die Alternativen zur herkömmlichen Energiegewinnung nahebringen.

Nach Auffassung der Veranstalter wird die Photovoltaik in der Zukunft eine große Rolle spielen. Manfred Hytry: „Die derzeitige 20prozentige Energieausbeute der Solarzellen wird sich mit fortschreitender Technik noch verbessern.“ Wer weiß schon, daß alleine die Photovoltaik heute bereits 35 Prozent des Strombedarfs in Deutschland decken könnte? Und daß von den rund 6.000 Quadratkilometern deutscher Dächer mindestens 2.000 problemlos zur Gewinnung von Solarenergie nutzbar wären?

In Köpenick setzt man völlig auf die Solartechnik und plant bis zum Jahr 2000 ein Netz von insgesamt sechs Solarenergie-Tankstellen rund um den Müggelsee, am Dämeritzsee und Luisenhain.

Ob und inwieweit das Angebot von den Berlinern im Sommer angenommen wird, bleibt unklar. Ein einstündiger Ausflug mit den umweltfreundlichen Booten soll in der Hauptsaison für zwei Personen immerhin stolze 25 Mark kosten. Darüber hinaus ist die im südöstlichen Zipfel von Berlin gelegene Verleihstation am Wendenschloß mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwer zu erreichen. Außerdem müssen die Berliner – alle anderen nicht – für eine Spritztour einen Bootsführerschein vorweisen. Peter Lerch