Alles längst entschieden?

■ Landesvorstand der SPD debattiert heute offiziell über die Aufnahme von Uschner / Kritik von Gründern der Ost-SPD

Der Landesvorstand der SPD, der heute über die Aufnahme des ehemaligen hochrangigen SED- Funktionärs Manfred Uschner beschließen will, soll sich längst für eine Aufnahme entschieden haben. Das berichtet das Nachrichtenmagazin Focus in seiner heutigen Ausgabe. Landesgeschäftsführer Rudolf Hartung dementierte die Meldung gestern auf Anfrage: „Das Ergebnis der Sitzung ist offen.“ Ostdeutsche SPD-Landeschefs befürworten eine Mitgliedschaft Uschners, SPD-Gründungsmitglieder lehnen sie ab, und die CDU betrachtet den Fall als „einen Prüfstein für die Hauptstadtfähigkeit der SPD“. Uschner war langjähriger Referent von Politbüromitglied Hermann Axen.

Gründer der DDR-SPD wie Angelika Barbe und Martin Gutzeit warnten am Wochenende erneut vor einer Aufnahme. Die SPD dürfe nicht als „Waschanlage für die Nomenklaturkader der SED“ mißbraucht werden, sagte Barbe. „Einfache SED-Mitglieder sollten aufgenommen werden“, sagte Gutzeit, „ZK-Mitarbeiter, die wie Uschner die menschenverachtende SED-Politik mitgetragen haben, aber nicht.“ „Die Ausgrenzungsstrategie führt zu nichts“, widersprach der SPD-Landeschef von Mecklenburg-Vorpommern, Harald Ringstorff. Auch ehemalige SED-Funktionäre müßten in der Demokratie eine Chance haben. Der brandenburgische SPD- Chef Steffen Reiche appellierte an die Berliner, „sich in der Frage der Aufnahme früherer SED-Mitglieder möglichst offen zu zeigen“.

CDU-Generalsekretär Dieter Ernst machte vom Fall Uschner abhängig, was von den „aufgeregten SPD-Erklärungen zur Abgrenzung gegenüber Kommunisten“ zu halten sei. Sollte die SPD fünf Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR-Diktatur einen hohen SED-Funktionär in ihren Reihen dulden, wäre dies ein Bruch mit ihrer eigenen demokratischen Tradition. Er erwarte eine klare Absage gegen die „schleichende Unterwanderung ehemaliger SED-Größen“. diak