Diktat des Siegers

■ betr.: „Sanktionen gegen Irak ver längert“, taz vom 15. 3. 1995

Am 13. März verlängerte der UN-Sicherheitsrat auf Druck der USA – nunmehr zum 24. Mal seit Beginn des Embargos – die Sanktionen gegen den Irak. Diese Entscheidung ist gleichbedeutend einem Todesurteil für Tausende von irakischen Frauen, Kindern, alten Menschen und Kranken.

Nach Aussagen eines UN-Inspekteurs wird im Irak erstmals die totale Überwachung eines Drittweltlandes erprobt. Diese ist nur durchführbar bei Aufrechterhaltung des Embargos, das von der Bevölkerung als Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln empfunden wird. Nach verschiedenen Schätzungen haben der Krieg und das Embargo bisher etwa eine Million Opfer gefordert. Nach einem Bericht der Jordan Times vom 18. 12. 1994 warnte Thomas Ekfal – ein Repräsentant von Unicef –, daß weitere 1,5 Millionen Kinder in Gefahr sind zu sterben, wenn die Sanktionen weiterhin andauern.

Für die imperialistischen Interessen der Plutokraten in Washington und den ihnen treu ergebenen Eliten in einigen europäischen Hauptstädten wird unter dem Deckmantel der UN somit weiterhin internationales Recht gebrochen. Das Diktat des Siegers wird, jegliche internationale Rechtsordnung verhöhnend, zum Maßstab erhoben.

Wie die zukünftige Rolle Bonns im UN-Sicherheitsrat – dem die Bundesrepublik Deutschland für die nächsten zwei Jahre angehört – aussehen wird, konnten wir ebenfalls erfahren. Bonn stimmte entsprechend den Vorgaben aus Washington für die Fortsetzung des Embargos. Ein abweichendes Stimmverhalten werden die USA auch in Zukunft nicht zu befürchten haben. Dies qualifiziert Deutschland für einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat, der von Bonn vehement eingefordert wird. Gerhard Lange, Gesellschaft für Internationale Verständigung

(GIV), Göttingen