SPD-Lockerungsübung führt zur Verkrampfung

■ Internes Papier zur PDS löst Streit in der Partei und der Großen Koalition aus

Das SPD-Strategiepapier des Kreuzberger Bürgermeisters Peter Strieder und des Bundestagsabgeordneten Thomas Krüger, ehemaliger Jugendsenator, sorgt innerhalb der eigenen Partei für helle Aufregung. Unter anderem hatten die beiden SPD-Politiker in den von der taz dokumentierten Thesen eine „normale Zusammenarbeit“ und verstärkte Gespräche mit der PDS gefordert (siehe Ausgabe vom 20. 3.). In ungewohnt scharfer Form geißelte die SPD- Spitzenkandidatin und Sozialsenatorin Ingrid Stahmer gestern das Papier. Zwar äußerten sich die Autoren nicht zur Frage der Zusammenarbeit mit der PDS in Regierungen und Senat, doch wisse „jeder durchschnittlich begabte Politiker, daß genau dies das Thema ist, nach dem sich die sensationsorientierten Teile der Medien“ sowie der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus-Rüdiger Landowsky „die Finger lecken“.

Stahmer verwies auf den Beschluß des SPD-Sonderparteitags vom Dezember vergangenen Jahres, auf dem sowohl eine Tolerierung als auch jede Form der Zusammenarbeit mit der PDS abgelehnt worden waren. Sie warf Strieder und Krüger Profilierung vor, die die SPD „keinen Millimeter“ voranbringe. Es sei besser, mit „wahrhaftigen Aktionen, mit Veranstaltungen, mit inhaltlichen Vorschlägen“ statt mit „akademischen Diskussionen“ die Initiative zu ergreifen.

Landwosky seinerseits versuchte gestern, aus dem Konflikt kräftig Kapital für den Wahlkampf zu schlagen. Zu einem Zeitpunkt, als Stahmers Presseerklärung noch nicht formuliert war, nannte er die bisherigen Distanzierungen einzelner SPD-Vertreter „völlig unzureichend“ für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit der Großen Koalition. Denn weder Stahmer noch der Landesvorsitzende Detlef Dzembritzki habe sich bislang zu dem Papier geäußert, „geschweige denn sich von ihm distanziert“. Einzig für den SPD-Fraktionschef Klaus Böger, mit dem er im Abgeordnetenhaus die Koalition zusammenhält, fand er lobende Worte: Dessen am Montag gemachter Äußerung, Strieders und Krügers Verhalten sei „parteischädigend“, könne er „nur zustimmen“.

Als Stahmers Erklärung schließlich vorlag, war Landowsky immer noch nicht zufrieden. Die SPD-Spitzenkandidatin verschleiere den Kern des Papiers und mache nicht „den leisesten Versuch einer inhaltlichen Distanzierung“. Fazit des CDU-Strategen: Stahmer habe die Beteiligung der PDS an politischen Entscheidungen „bereits verinnerlicht“.

Vom Beobachterposten aus kommentierte die PDS-Landesvorsitzende Petra Pau den gestrigen Papierstreit der Matadore. Die „Lockerungsübungen“ von Strieder und Krüger seien zwar zu begrüßen. Trotz deren Absage an „die platte Formel PDS gleich SED“ blieben noch genug Klischees in dem Papier. Severin Weiland