Karl Wienand war kein sowjetischer KGB-Agent

■ Bundesregierung berief sich gestern auf Mitteilung des BND-Chefs Porzner

Bonn (AP) – Der Bundesnachrichtendienst hat nach Angaben der Bundesregierung keine Erkenntnisse, daß der ehemalige SPD-Fraktionsgeschäftsführer Karl Wienand ein Agent des sowjetischen Geheimdienstes KGB war. Dies hat BND-Chef Konrad Porzner am Dienstag der Bundesregierung mitgeteilt, berichtete Bonns Geheimdienstkoordinator, Bernd Schmidbauer, gestern. In der Fragestunde des Bundestags erklärte Schmidbauer, BND-Chef Porzner habe in seiner dienstlichen Erklärung Hinweise bestätigt, daß Wienand eine Quelle des DDR- Ministeriums für Staatssicherheit gewesen sei. Mit Rücksicht auf den Prozeß gegen Wienand wegen des Verdachts der Agententätigkeit für die DDR lehnte es die Bundesregierung jedoch ab, zu einem Vermerk des früheren SPD-Vorsitzenden Willy Brandt zu Wienand Stellung zu nehmen.

Die Bundesanwaltschaft hatte in der vergangenen Woche einen Vermerk Brandts über Wienand in der SPD-nahen Friedrich-Ebert- Stiftung entdeckt und als Beweismittel für den anstehenden Prozeß gegen Wienand beschlagnahmt. Mehrere Unionsabgeordnete versuchten im Parlament, von der Regierung zu erfahren, ob andere SPD-Spitzenpolitiker von der Notiz Kenntnis gehabt und sich möglicherweise strafbar gemacht hätten, weil sie die Informationen nicht an die Behörden weitergaben. In der Notiz soll ein Gespräch Brandts mit dem ehemaligen sowjetischen Botschafter, Valentin Falin, festgehalten sein, in dem auch von einer KGB-Tätigkeit Wienands die Rede sein soll.

Für das Bundesjustizministerium lehnte es dessen Parlamentarischer Staatssekretär, Rainer Funke, wegen des laufenden Prozesses gegen Wienand ab, über den Brandt-Vermerk Auskunft zu geben oder über die Personen, die ihn möglicherweise kannten. Die Bundesanwaltschaft sei auch nicht mit Ermittlungen befaßt, ob die Kenntnis der Notiz und „Nichtweitergabe an die Strafverfolgungsbehörden“ strafbar sei.