■ Das Portrait
: Buster Edwards

Einer der „Gentlemen“ Foto: AP

Wenn Unterwelt und Polizei gleichermaßen um jemanden trauern, muß es sich um eine ganz besondere Person gehandelt haben. Ronald „Buster“ Edwards war neben Charlie Wilson der Kopf hinter dem legendären englischen Postraub von 1963, der in Deutschland unter dem Titel „Die Gentlemen bitten zur Kasse“ verfilmt worden ist. Wilson wurde vor vier Jahren in Spanien von einem Killer erschossen. Der 62jährige Edwards nahm sich vorgestern in London das Leben.

Jack Slipper, der die Posträuber lange Zeit verbissen gejagt hatte, sagte gestern: „Ich bin sehr, sehr enttäuscht, daß ein Typ mit soviel Charisma sich umbringt.“ Und der Musiker Phil Collins, der Edwards 1988 in der Filmbiographie „Buster“ gespielt hat, sagte: „Im Laufe der Jahre sind wir enge Freunde geworden. Er wird mir sehr fehlen.“

Die Gründe für den Selbstmord sind unklar. Der Gangster Mad Frankie Fraser sagte, er habe Edwards in der vergangenen Woche getroffen. „Er erzählte, sein Blumenstand am Bahnhof Waterloo sei vor die Hunde gegangen, seit die U-Bahnlinie verlängert worden ist“, sagte Fraser. „Der Stand war sein ein und alles.“

Edwards stammt aus Süd- London. Den Zweiten Weltkrieg verbrachte er in Devon. Danach kehrte er in die britische Hauptstadt zurück und arbeitete tagsüber als Mechaniker, Boxer, Kohlenhändler und Würstchenhersteller. Nachts ging er mit verschiedenen Diebesbanden auf Einbruchstour. Nachdem er Wilson kennengelernt hatte, wandte er sich größeren Aufgaben zu. Beide planten gemeinsam den Überfall auf den Postzug von Glasgow nach London, der am 8. August 1963 fast generalstabsmäßig ablief. Die einzige Panne: Zugführer Jack Mills wurde dabei schwer verletzt. Für die 15 Beteiligten sprangen 2,5 Millionen Pfund heraus. Auf heutige Verhältnisse umgerechnet, wären das etwa 75 Millionen Mark. Angeblich ist die Hälfte davon noch irgendwo vergraben.

Edwards entging den Verhaftungen, die bald nach dem Raub begannen. Als die meisten seiner Komplizen zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt wurden, floh er nach Mexiko, kehrte aber gut ein Jahr später zurück und stellte sich der verblüfften Polizei. 1966 brummte man ihm 15 Jahre auf. Seit seiner Freilassung 1975 verkaufte er Blumen an seinem kleinen Bahnhofskiosk. Vorgestern erhängte er sich in der Garage unter dem Eisenbahnbogen, wo er seine Blumen lagerte. Ralf Sotscheck