Treudeutscher Koalitionsvertrag

■ FDP verzichtet auf Doppelstaatsbürgerschaft

Bonn (taz) – Die Verhandlungsführer von Union und FDP wollen die strittige Frage der doppelten Staatsbürgerschaft offensichtlich aus dem angestrebten Koalitionsvertrag ausklammern. Wie aus FDP- Kreisen verlautete, soll sich nach dem Willen der liberalen Spitzenpolitiker zunächst der nächste FDP-Sonderparteitag mit dem Thema befassen. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen aber die Koalitionsverhandlungen längst abgeschlossen sein.

Anhänger einer fortschrittlichen Ausländerpolitik innerhalb der FDP werten dieses Vorgehen als „Schritt zur Selbstaufgabe“ der Partei. Sie befürchten, daß die Forderungen gegenüber der widerstrebenden Union dann nicht mehr durchzusetzen sind. Die CDU/CSU gilt nur so lange als verhandlungsbereit, wie der Bundeskanzler noch nicht gewählt ist. Von diesem Zeitpunkt an, so fürchten FDP-Politiker, verfügt der kleine und durch die Bundestagswahlen stark geschwächte Partner über keinen Hebel mehr, um eigene Ziele durchzudrücken. Die Liberalen würden damit auf die Möglichkeit verzichten, sich als eigenständige Kraft auf dem Feld der Innenpolitik zu profilieren.

Auch der Posten der Bundesbeauftragten für Ausländer gehört den Informationen aus der Partei zufolge zur „Verhandlungsmasse“ in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und FDP. Die FDP- Abgeordnete Cornelia Schmalz-Jacobsen, die das Amt gegenwärtig ausübt, ist eine Verfechterin der doppelten Staatsbürgerschaft und deshalb von der Union nicht wohlgelitten. Mit einem Verzicht auf eine FDP-Besetzung des Amtes könnten sich aber auch Linksliberale abfinden, da die Ausländerbeauftragte nur über wenig Einflußmöglichkeiten verfügt. Das Amt würde damit zur Verfügung stehen, um eine CDU-Ministerin zu „versorgen“, die einer Kabinettsverkleinerung zum Opfer fallen könnte. Als Kandidatin gilt vor allem Hannelore Rönsch (Familie und Senioren), deren Ressort dem von Angela Merkel (Frauen und Jugend) zugeschlagen werden könnte.

Die Reform des Staatsbürgerrechts war schon in den Koalitionsvereinbarungen vor vier Jahren festgeschrieben, aber von der Union dann immer wieder abgeblockt worden. Linksliberale und Junge Liberale fordern die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft, ein Einwanderungsgesetz und eine erleichterte Einbürgerung. Das von den FDP- und CDU/CSU-Unterhändlern geplante Ausklammern der Frage könnte der FDP-Bundesvorstand korrigieren. Das Gremium, das am Montag tagt, entscheidet über die Zusammensetzung der Verhandlungskommission sowie über Inhalt und Strategie der Gespräche mit der Union. Hans Monath