Erlaubt ist, was gefällt

■ Das Nationalkomitee Freie DDR feierte den 45. Gründungstag der DDR

Die Kundgebung war kurz und schmerzlos – ganz im Gegensatz zu ihrem Anlaß: die DDR und deren Gründung vor 45 Jahren. Das Nationalkomitee Freie DDR (NKFDDR) mit Vertretern der Freien Arbeiterunion/Anarchistischen Partei (FAU/AP) und der KPD und mehr oder weniger zufällig vorbeikommende Passanten gaben sich am Freitag abend auf dem Alexanderplatz ein postsozialistisches Stelldichein im Fackelschein.

Flankiert von „Helfern der Volkspolizei“ mit Hammer-Zirkel-Ährenkranz-Fahnen und begleitet von der DDR-Nationalhymne, betonte Ernst Wollweber von der Anarchistischen Partei, auf deren Vorschlag das NKFDDR vor drei Jahren gegründet worden war, daß es nicht um DDR-Nostalgie gehe. Unbeirrt von Gelächter und gelegentlichen Zwischenrufen forderte der Heidelberger die „Zerschlagung des 4. Reichs“ und eine „neue, bessere und unabhängige DDR“. Ein Zurück könne es nicht geben. Nicht umsonst grenze man sich ab von der „alten Zonenprominenz, den Vögeln, die das in den Sand gesetzt haben“. Die etwa einhundert Zuhörer, von denen sich einige den 7. Oktober schon als Gedenktag wünschen würden, schwankten zwischen Nachdenklichkeit und Belustigung. Das Versprechen des Komitees, „wir werden uns alles zurückholen, was uns genommen wurde“, erntete nur halb soviel Applaus wie die Weigerung, „die Besatzerstiefel zu lecken“. Ein Ostberliner, den die Nationalhymne zu DDR-Zeiten mit Stolz erfüllt hatte und der die Kundgebung eine „positive Sache“ fand, dachte an früher, als „von der Wiege bis zur Bahre ausgesorgt“ war. Ein 17jähriger Schüler, der gekommen war, um seinen „Frust zu zeigen“, wünschte sich gar die Mauer wieder. Wer von den Anwesenden noch nicht wußte, welcher Partei er zur Bundestagswahl seine Stimme geben soll, findet in der Herbstausgabe der Neuen DDR, des „Organs der fortschrittlichen Kräfte der DDR“, die ideologische Marschrichtung für die „Reichstagswahl“: Finger weg von der PDS, einem Kind der DDR, das aber nicht mehr für diese stehe. Bleibt nur der Wahlboykott als einzige Form des Widerstands. Zur Ermutigung im „Kampf gegen die Besatzer“ wird in dem Heft von einhundert Freiwilligen berichtet, die in einem geplanten „NVA-Traditionsverband“ ihre „Erfahrungen im Kampf gegen den BRD- Imperalismus“ einbringen könnten. Noch kämpferischer geht es zu im Magazin der FAU/AP, Die schwarze Garde. Mit Faustfeuerwaffen, Pump-Guns, Maschinenpistolen und Handgranaten ausgerüstete Partisaneneinheiten seien die logische Fortsetzung des Klassenkampfs. Barbara Bollwahn