Alice im Glück

■ Frauendokumentationszentrum im Kölner „Bayenturm“ eröffnet

Köln (taz) – „Das ist doch die Rate-Tante aus dem Fernsehen, diese Feministin von der Emma“, denken viele, wenn sie „Alice Schwarzer“ hören. Wenn dieses Wochenende in Köln der „FrauenMediaTurm“ eingeweiht wird, müssen sie lernen, daß die medienwirksame Spezialistin für klitoralen Orgasmus und Por-No auch als erfolgreichste Förderin der feministischen Wissenschaft gelten kann. Denn vor allem ihr ist das in Deutschland einmalig feministische Archiv und Dokumentationszentrum zu danken. Das modernste Facharchiv, das 20.000 erschlossene Dokumente vorweisen kann, existiert schon zehn Jahre lang – nahezu unbemerkt. Jetzt aber wird der jährlich um 2.000 Dokumente anwachsende Bestand endlich allgemein zugänglich.

Begonnen hat alles 1984, als Alice Schwarzer dem linken Hamburger Mäzen Jan Philipp Reemtsma zwei Millionen Mark als Starthilfe für ihr Projekt abschwatzte. Ihr Traum war, „einen Hort des Wissens“ für Frauen aufzubauen, in dem die vergessene Geschichte des weiblichen Widerstands erinnert und gesichert werden sollte. Vier Jahre forschten die Wissenschaftlerinnen in Frankfurt am Main, dann blies Alice zum Aufbruch in ihre Wahlheimatstadt Köln.

Die Feministin wollte aber nicht irgendwohin mit ihrem Archiv; ihr Ziel war ausgerechnet der „Bayenturm“. Über den aber sagt man seit jeher in Köln: „Wer den Turm hat, hat die Macht.“ Der im 13. Jahrhundert gewaltigste Wehrturm Europas war stets Symbol der (Männer-)Herrschaft und zugleich des Freiheitswillens der Kölner. Schließlich hatten sie ihn erstürmt, nachdem der Turm 1261, ein Jahr zuvor, von Erzbischof Engelbert erobert worden war.

Nachdem nun das im Zweiten Weltkrieg ramponierte Denkmal orginalgetreu wiederaufgebaut worden war, lieferten sich die verschiedenen Interessenten einen wahren Eroberungkampf um das Monument: Die jecke Stadt hätte – wen wundert es – am liebsten einem Karnevalsverein den Zuschlag gegeben. Die Grünen wiederum wollten zunächst verhindern, daß die bis dato dort einquartierte Jazzhausschule ausquartiert wurde. Aber Alice gab nicht nach: Sie brachte den damaligen Oberstadtdirektor auf ihre Seite und erreichte, daß ihr das Land fünf Millionen Mark für ihr Archiv zuschoß. „Endlich sind die Frauen mal nicht in der Besenkammer gelandet“, triumphiert Schwarzer. Sie hat Anlaß zur Freude, schließlich erreichte sie, daß Frauengeschichte politisch ernst genommen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Grund genug, drei Tage lang bis zum 28. August zu feiern. Anja Kaatz